Ungarisches BIP legt um 4,7 Prozent zu
18. May. 2018Angesichts der jüngsten vom ungarischen Statistikamt veröffentlichten Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt fragen sich Kommentatoren von links bis rechts, ob sich das rasante Wachstum langfristig aufrechterhalten lasse und ob der Forint gegenüber dem Euro an Wert verlieren werde.
Am Dienstag hat das Statistische Zentralamt für das erste Quartal 2018 im Jahresvergleich ein saisonbereinigtes Wirtschaftswachstum von satten 4,7 Prozent vermeldet.
Auf Napi.hu äußert sich Dániel Szabó skeptisch, dass das schnelle Wachstum aufrechterhalten werden könne. Demnach sei das rasante Wachstumstempo eher auf höhere Löhne und weniger auf eine gestiegene Industrieproduktion zurückzuführen. Szabó prognostiziert, dass sich der BIP-Zuwachs aufgrund des Arbeitskräftemangels bald verlangsamen werde, obwohl Regierung und Nationalbank alle ihre finanzpolitischen Stimuli ins Spiel bringen würden. Wenig wahrscheinlich, so der Kommentator, dass die ungarische Wirtschaft – wie von Ministerpräsident Viktor Orbán geplant – bis 2022 ein Wachstum von mehr als vier Prozent aufrechterhalten werde.
Gergely Kiss weist Ängste vor einer Konjunkturabschwächung zurück. Der Kommentator der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Idők weist darauf hin, dass die ungarische Wirtschaft Leistungen deutlich über dem EU-Durchschnitt und sogar über regionalen Referenzwerten erbringe. Kiss hält Bedenken wegen steigender Löhne für nicht stichhaltig. Diese seien nicht nur notwendig, um die Binnennachfrage aufrechtzuerhalten, sondern auch, um die Abwanderung zu verlangsamen oder gar umzukehren und damit den Arbeitskräftemangel zu lindern. Da sich die ungarische Wirtschaft seit 2010 permanent gut entwickelt habe, dürften sich die Kritiker der Regierung mit ihren pessimistischen Prognosen einmal mehr irren, gib sich Kiss zuversichtlich.
Die ungarische Konjunktur werde abflauen, sollte die Regierung die Staatsverschuldung zur Stützung der starken Nachfrage nicht erhöhen, schreibt Miklós Bonta in einem Kommentar für Népszava. Der linksorientierte Journalist argwöhnt, dass die Struktur der ungarischen Industrie nicht reformiert worden sei, womit ein stärkeres Wachstum nur durch einen steigenden Binnenkonsum ermöglicht werden könne. All dies, so Bonta, werde mit Hilfe von Krediten finanziert werden, da die Kohäsionsfonds der EU auslaufen und Ungarn somit bald unter einer gestiegenen Auslandsverschuldung leiden werde. Bonta erinnert daran, dass der Forint gegenüber dem Euro bereits auf ein Zweijahrestief gefallen sei.
Die Schwächung des Forint dürfte nur vorübergehend sein, hält demgegenüber Csaba Szajlai im Wochenmagazin Figyelő fest. Der konservative Ökonom interpretiert die Indikatoren als Hinweis darauf, dass die ungarische Wirtschaft wachse und die Investitionstätigkeit zunehme. Die Währungen regionaler Nachbarstaaten und von Schwellenländern hätten sich im Laufe der vergangenen Woche weitaus stärker abgeschwächt als der ungarische Forint, erinnert Szajlai und kommt zu dem Schluss: Angesichts weltweiter Stimmungswechsel werde sich der Forint auch ohne das Eingreifen der Nationalbank bald erholen.
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