Regierungchef deckt Geschäftsführer von MOL
12. Oct. 2013Die kroatische Entscheidung, für den Chef des ungarischen Öl- und Gasmultis MOL einen internationalen Haftbefehl ausstellen zu lassen, war nach Ansicht von Népszabadság doch zu unverschämt, als dass die Regierung in Budapest sie stillschweigend hätte übergehen können. Der Ministerpräsident sei praktisch gezwungen worden, Hernádi Rückendeckung zu geben.
Die Zagreber Anklagebehörde verdächtigt Zsolt Hernádi der Bestechung. So soll er den ehemaligen Regierungschef Kroatiens, Ivo Sanader, dazu gebracht haben, die Berechtigung zur Geschäftsführung der kroatischen Mineralölgesellschaft INA an MOL abzutreten. Diese angebliche Bestechung in Höhe von zehn Millionen Euro war Teil der Anklage, aufgrund derer Sanader erstinstanzlich verurteilt worden war. Zur Zeit läuft in der Sache ein Berufungsverfahren.
Heti Válasz berichtet, dass das Geld Sanader niemals erreicht habe. Stattdessen sei es von einem des mehrfachen Betrugs beschuldigten Geschäftsmann verwandt worden, der nach einer Aussage gegen Sanader im Rahmen einer strafprozessualen Vereinbarung auf freien Fuß gesetzt worden war. Dieser habe dem Staatsanwalt erklärt, dass ihm das Bestechungsgeld mittels einer in MOL-Besitz befindlichen zypriotischen Firma überwiesen worden sei. Als die kroatischen Behörden 2011 den Generalstaatsanwalt Ungarns um die Befragung Hernádis in ihrem Namen gebeten hatten, sei diese Bitte offiziell abgelehnt worden. Doch wie Heti Válasz berichtet, sei der CEO von MOL tatsächlich in Anwesenheit kroatischer Staatsanwälte verhört worden. Und als Ergebnis einer von den ungarischen Behörden durchgeführten Ermittlung habe sich das zypriotische Unternehmen als Firma entpuppt, die einem russischen Ölmilliardär, nicht aber MOL gehört.
Ildikó Csuhaj und Imre Bednárik von der Zeitung Népszabadság berichten, dass die ungarische Regierung hinter den Kulissen eine Rücknahme des internationalen Heftbefehls gegen Hernádi verlangt. Sie habe ihre Zusammenarbeit mit den kroatischen Justizbehörden im Bestechungsfall Sanader angeboten. Laut dem linksliberalen Blatt könnte das entweder ein Verhör per Video oder eine erneute Befragung Hernádis durch kroatische Staatsanwälte bedeuten. Nach Angaben ungenannter Regierungsquellen haben die kroatischen Behörden versichert, dass sie den Streitfall nicht zusätzlich verschärfen wollten.
Ein Leitartikel auf der Titelseite von Népszabadság findet es bezeichnend, dass Ministerpräsident Viktor Orbán in der kommenden Woche in Ostungarn den Grundstein für eine neue MOL-Anlage legen wird. Der Autor des Kommentars sieht darin das Zeichen einer uneingeschränkten Unterstützung Orbáns für den MOL-Chef. Die kroatische Entscheidung, den Direktor des führenden ungarischen Unternehmens zu verfolgen, sei für den Ministerpräsidenten eine Kröte, die er nicht schlucken könne, glaubt Népszabadság. Eine Ablösung Hernádis würde zudem mehrere rivalisierende Interessengruppen auf den Plan rufen, die es möglicherweise auf diese Schlüsselposition abgesehen haben. Einen derartig destabilisierenden Wettstreit habe der Regierungschef sechs Monate vor den Parlamentswahlen offenbar nicht vom Zaun brechen wollen. Das umso mehr, so die Spekulation von Népszabadság, da man sich unter diesen Umständen hinsichtlich des MOL-Chefs absolut sicher fühlen könne: Orbán müsse von seiner Seite absolut keine unangenehmen Überraschungen befürchten.
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