Unentschlossene Wähler im Fokus
7. Oct. 2013Analysten versuchen den Unterschied zwischen den Meinungsumfragen und den Ergebnissen kommunaler Zwischenwahlen zu erklären. Alle stimmen darin überein, dass unentschiedene Wähler ohne klare Parteienpräferenz oder die Bereitschaft, ihre Ansichten mit den Meinungsforschern zu teilen, bei den Wahlen 2014 eine wichtige Rolle spielen werden. Demzufolge werden die Parteien nichts unversucht lassen, um sie zu mobilisieren.
Laut den jüngsten Meinungsumfragen liegt Fidesz nach wie vor mit großem Abstand vor den linken Oppositionsparteien. So wird die Regierungspartei von 27 bis 33 Prozent der gesamten wahlberechtigten Bevölkerung unterstützt. Die MSZP bringt es auf zehn bis 15 Prozent, Gemeinsam 2014 auf drei bis sechs Prozent sowie die Demokratische Koalition auf zwei bis drei Prozent. Die extrem rechte Partei Jobbik kann mit sechs bis zehn Prozent rechnen, während die LMP ein bis zwei Prozent der potenziellen Wähler auf ihrer Seite hätte. Auf der Grundlage dieser Zahlen kommen das Meinungsforschungsinstitut Medián sowie die liberale Denkfabrik Political Capital in zwei voneinander unabhängigen Erhebungen zu dem Schluss, dass Fidesz gegenwärtig erneut eine Zweidrittelmehrheit im Parlament gewinnen würde. Jüngste Wahlergebnisse zeichnen jedoch ein etwas anderes Bild von der politischen Landschaft. Ungeachtet der in den Umfragen ausgewiesenen führenden Position von Fidesz haben die Oppositionsparteien Fidesz in manchen Kommunen geschlagen. In einigen traditionell eher rechts wählenden Regionen scheint das Rennen sogar ausgeglichen (vgl. BudaPost vom 2. Oktober).
Fidesz kann besiegt werden, schreibt der politische Analyst Zoltán Lakner in Heti Világgazdaság. Der strategische Berater der MSZP räumt ein, dass das Wahlbündnis zwischen den Sozialisten und Gemeinsam 2014 von Gordon Bajnai die Basis der beiden linken Parteien keineswegs verbreitert habe, während Fidesz in den vergangenen Monaten habe zulegen können. Während dieser mäßige Zugewinn mit wiederholten Tarifsenkungen für Energie- und andere Versorgungsdienstleistungen erklärt worden sei, belegten jüngste Zwischenwahlergebnisse, dass „Preissenkungen keineswegs eine Wunderwaffe für die Rechten darstellen“. Weiter schreibt Lakner: „Die Mehrheit der Wähler ist unzufrieden, enttäuscht, pessimistisch und wünscht eine neue Regierung.“ Für Lakner verzerren die Umfragen die tatsächliche öffentliche Meinung. Er begründet das damit, dass zahlreiche Wähler in Regionen, in denen der Staat ein wichtiger Arbeitgeber ist, ihre Unzufriedenheit mit der Regierung aus Angst um ihren Arbeitsplatz nur widerwillig kundtun. Vor diesem Hintergrund müsse Fidesz sicherstellen, dass seine Anhängerschaft nicht allzu siegesgewiss sei und aus Furcht vor einem knappen Wahlausgang nicht zu Hause bleibe, schlussfolgert Lakner.
In Heti Válasz äußert Gábor Török die Vermutung, das Ergebnis der Parlamentswahlen 2014 werde vom Verhalten der gegenwärtig noch unentschlossenen Wähler abhängen. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man nicht abschätzen, wie viele der Unentschiedenen über klare Präferenzen verfügen, die sie vor den Meinungsforschern verbergen. Zudem ließe sich nicht vorhersagen, wie sich die Wahlentscheidung der wirklich Unentschiedenen in den kommenden sechs Monaten entwickeln wird. Török fügt hinzu, dass die auf der Grundlage von Umfragen getroffenen unterschiedlichen Vorhersagen alle Teil des Wahlkampfes selbst seien. Prognosen hinsichtlich eines wahrscheinlichen Zwei-Drittel-Wahlsieges für Fidesz mögen die linken Wähler mobilisieren und einige gemäßigte Fidesz-Anänger von einer Wahlbeteiligung abhalten, glaubt Török.
Die Nachwahlen in Baja haben bewiesen, dass Befürchtungen hinsichtlich einer Passivität auf Seiten der Rechten unbegründet sind, schreibt Péter Farkas Zárug in Magyar Demokrata. Bei der kommunalen Zwischenwahl habe die Beteiligung höher gelegen als beim regulären Urnengang 2010. Allerdings lasse das knappe Ergebnis auch darauf schließen, dass die Wahl 2014 alles andere als entschieden ist, fügt der konservative Analyst hinzu. Da ab kommendem Jahr auch noch am Tag der Wahl selbst Wahlkampf geführt werden darf, werden alle großen Parteien ihr Bestes tun, um ihre potenziellen Sympathisanten mit allen Mittel in die Abstimmungslokale zu bugsieren, glaubt Zárug. Er hält es für möglich, dass die Parteien den ganzen Tag über Festivitäten organisieren, kostenlose Transportmöglichkeiten zu den Wahllokalen anbieten und möglicherweise auch Wähler illegal erfassen werden, um auf diejenigen zugehen zu können, die ihren Stimmzettel noch nicht ausgefüllt haben.
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