Sollten Nachtklubs künftig das Geschlecht ignorieren?
5. Dec. 2013Zeitungskolumnisten streiten über einen Beschluss der Gleichbehandlungsbehörde, wonach der von Nachtklubs gewährte freie Eintritt für Frauen einfach nur diskriminierend sei und demzufolge verboten werden sollte.
Szilárd Teczár, Journalist bei Magyar Narancs und darüber hinaus Aktivist der regierungskritischen Studentenorganisation HaHa, hatte sich bei der Gleichbehandlungsbehörde offiziell über die Budapester Doboz bár beschwert. Wie viele andere Örtlichkeiten in der Stadt auch gewährt Doboz Frauen freien Eintritt, während Männer 1.000 Forint berappen müssen, die aber auf Getränke und Speisen angerechnet werden. Teczár argumentierte, dass diese Praxis zur Vergegenständlichung von Frauen beitrage. Die Behörde teilte daraufhin mit, dass Doboz tatsächlich gegen das Prinzip der Gleichbehandlung verstoße. Falls die Bar nicht gerichtlich gegen den behördlichen Bescheid vorgehen sollte, müsste sie ihre diskriminierende Praxis aufgeben. Politiker der Regierung, darunter auch Ministerpräsident Orbán, kritisierten die Entscheidung, die ihrer Ansicht nach dogmatisch sei und traditionelle Anstandsregeln ignoriere.
Wenn man das Prinzip von Gleichheit und Menschenrechten ernst nehmen würde, seien Regelungen, die sich auf geschlechterspezifische Unterschiede stützen, per definitionem nicht hinnehmbar, schreibt Sándor Révész in Népszabadság. Der liberale Autor glaubt, dass diejenigen, die derartige Entscheidungen als dogmatisch kritisierten, keinerlei echte Argumente hätten, um unfaire, doch weit verbreitete Geisteshaltungen zu verteidigen. Die Symbolik des selektiv gewährten freien Eintritts liege darin, dass Frauen „keine echten Kunden sind, sondern Miezen, die man abschleppen kann“, beklagt sich Révész und fügt hinzu, dass in diesem Fall die Liberalen nicht vor Zwangsmaßnahmen zurückschrecken sollten, um moralisch illegitime Verhaltensweisen mit Stumpf und Stiel zu tilgen.
In Magyar Hírlap denkt Csilla Korompay über die möglichen Folgen der Entscheidung der Gleichbehandlungsbehörde nach. Die konservative Kolumnistin fragt sich, ob jegliche Zurschaustellung von geschlechtsspezifischen Aspekten ab jetzt als diskriminierend gelten sollte. Falls ja, würde nicht nur die traditionelle Höflichkeit unmöglich werden, sondern es sollte auch die Gleichstellung bei der Beschäftigung von Frauen in der Armee, der Polizei und in Bergwerken durchgesetzt werden.
Die hysterischen Reaktionen gegen das Urteil würden ein Schlaglicht auf die Tatsache werfen, dass im Kampf gegen geschlechtsspezifische Vorurteile noch viel zu tun sei, schreibt die Journalismus-Professorin Veronika Hermann im Blog Dívány. Ihrer Ansicht nach zementiere die bevorzugte Behandlung von Frauen traditionelle Geschlechterrollen und demzufolge sollten wir gegenüber einer im Namen der Höflichkeit betriebenen Ungleichbehandlung kritisch eingestellt sein. Wenn wir akzeptierten, dass Frauen nicht für den Eintritt in einen Pub zahlen sollten, würden wir stillschweigend anerkennen, dass Männer für Frauen arbeiten und zahlen sollten. In einer Randnotiz bemerkt Hermann, dass konservativ sein nicht die Anerkennung diskriminierender Handlungsweisen zur Folge haben sollte.