Chinesisch-ungarischer Gipfel in Peking
15. Feb. 2014Kommentatoren sind sich über die Bedeutung des Ausbaus der Wirtschaftsbeziehungen zu China einig. Analysten des linken Spektrums jedoch kritisieren die politisch gefärbten Untertöne des Ministerpräsidentenbesuchs in Peking.
In Népszava gibt Tamás Rónay zu, dass China ein wesentlicher Akteur der Weltwirtschaft sei und Ungarn die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen erweitern müsse. Womit er nicht übereinstimmt, ist die Aussage des Ministerpräsidenten, in der er die politische Stabilität in beiden Ländern als vergleichbar beschrieben hatte. Rónay bezeichnet dies zunächst als unglückliche Formulierung, bevor er ironisch wird und vorschlägt, Orbán müsse sein System noch verbessern, falls er im Hinblick auf diktatorische Praktiken zu China aufzuschließen gedenke. Abschließend prophezeit der Autor, dass keine Führerpersönlichkeit ihren Posten ewig behalten werde – weder in China noch in Ungarn.
In ihrem Leitartikel wundert sich Népszabadság, warum der Ministerpräsident in seiner Pekinger Rede für 2016 vier Prozent Wachstum habe versprechen müssen. Die führende linke Tageszeitung erinnert den Spitzenpolitiker an frühere Wachstumsversprechen, die sich in den vergangenen vier Jahren nicht erfüllt hätten. Gleichzeitig merkt das Blatt an, dass keines dieser Versprechen von Orbán selbst abgegeben worden sei. „Das Problem mit Zahlen besteht darin, dass sie sich in Erwartungen umwandeln“, warnt Népszabadság.
In Magyar Hírlap stimmt Csaba Szajlai zu, dass die vom Ministerpräsidenten in Peking verkündeten vier Prozent Wachstum noch weit entfernt seien. Gleichwohl habe es solche Wachstumsraten in der Vergangenheit schon gegeben. Ungarn sei seit zehn Jahren EU-Mitglied und im Laufe dieser Dekade „haben wir uns keinen Zentimeter weiterbewegt, trotz der erheblichen Geldspritzen aus EU-Fonds“. Szajlai glaubt an das riesige Potential der chinesich-ungarischen Handelsbeziehungen, schließlich würden die gegenwärtigen Exporte nach China lediglich sechs Milliarden Euro und damit nur einen winzigen Bruchteil des gesamten Exportvolumens von 156 Milliarden ausmachen.
Anna Szabó interpretiert in der konservativen Tageszeitung Magyar Nemzet den Zeitpunkt des Besuchs des Ministerpräsidenten in China als Beweis für das Vertrauen der Chinesen in die gegenwärtige ungarische Regierung. Ein Besuch im vergangenen Jahr sei kurzfristig abgesagt worden, da sich Orbán der EU-Parlamentsdebatte zum Tavares-Bericht über Ungarn hatte stellen müssen. Die chinesische Führung habe nicht nur keinerlei Zeichen einer Beleidigung gezeigt, sondern Orbán sogar als ersten internationalen Gast nach dem chinesischen Neujahrsfest sowie wenige Wochen vor den ungarischen Parlamentswahlen empfangen. Szabó wertet diese besondere Aufmerksamkeit als Resultat der Tatsache, dass Ungarn das erste Land der Region gewesen sei, das die Bedeutung des Aufbaus bahnbrechender Beziehungen zu China erkannt habe.
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