Auch Wahlkampfthemen: Armut und Holocaust
6. Mar. 2014Ein regierungsfreundlicher Kommentator wirft einem führenden liberalen Schriftsteller vor, sein Talent dem Oppositionswahlkampf zur Verfügung zu stellen und jüdische Ungarn sowie Arme als Munition im Wahlkampf zu verwenden.
In Magyar Nemzet polemisiert Ottó Gajdics gegen den Schriftsteller Lajos Parti Nagy, einen entschiedenen Kritiker der Regierung, der seit drei Jahren in einer satirischen Wochenkolumne für Élet és Irodalom Seitenhiebe gegen die Regierung austeilt. Der Autor tadelt Parti Nagy für dessen jüngstes Fernsehinterview, in dem er geäußert hatte, „eine Handvoll Versorgungstarif-Kämpfer lügt fortwährend das Blaue vom Himmel herunter, während die Mägen der meisten Menschen leer sind”. Gajdics wertet dies als Parti Nagys Verachtung für die Armen, denen die Senkungen bei den Versorgungstarifen in den letzten Jahren einen spürbaren Anstieg ihrer Realeinkommen beschert habe. Gajdics weist zudem die Ankündigung von Parti Nagy zurück, die Gesellschaft der Schönschreiber (Szépírók Társasága – eine Abspaltung des Schriftstellerverbandes, dem vorgeworfen wurde, antisemitische Mitglieder in den eigenen Reihen zu tolerieren – Anm. d. Red.) gebe die von ihr im Rahmen einer Ausschreibung anlässlich des Holocaust-Gedenkjahres gewonnene Beihilfe zurück, da das Projekt einzig den Propagandaabsichten der Regierung dienen würde (vgl. BudaPost von Oktober 2013 bis Februar 2014). Laut Gajdics habe Parti Nagy damit zugegeben, dass der Standpunkt der Gesellschaft Teil des Wahlkampfes sei. Zudem empfindet Gajdics es als traurig, dass der talentierte Schriftsteller seine Feder in den Dienst von politischen Parteien stelle.
Noch viel vehemter kritisiert der Autor aber den Vorwurf von Parti Nagy, wonach die Regierung die ungarischen Juden praktisch von der nationalen Gemeinschaft ausschließe, indem die Regierungsvertreter über „ihre jüdischen Landsleute” sprächen und damit meinten, sie gehörten einer anderen Wesenseinheit an. Gajdics sieht den Gebrauch dieses Ausdrucks durch führende Persönlichkeiten der Regierung vielmehr im Kontext der Liebe und der Brüderlichkeit, so wie es auch üblich sei, über „unsere deutschen oder slowakischen oder kalvinistischen oder katholischen Landsleute” zu sprechen. Gajdics empfindet es abstoßend, wenn jemand die Opfer des Holocaust und die Armen des Landes als Schilder in einem Wahlkampf verwende.
Tags: Holocaust, Sozialpolitik, Wahlkampf