Sólyoms Appell: Nicht das kleinere Übel wählen
5. Apr. 2014Ein Kommentator der Opposition untersucht die Haltung des ehemaligen Staatspräsidenten László Sólyom und behauptet, dieser habe Fidesz als eines der Übel definiert. Der Autor hält es für sicher, dass Sólyom die von den Sozialisten geführte Linke als Übel ansieht, aber diese als das kleinere betrachte.
László Sólyom, einst Mitglied der Mitte-Rechts-Partei MDF und Gründungspräsident des Verfassungsgerichts, war 2005 ursprünglich von einer Umweltschutzgruppe, aus der sich später die LMP formierte, als Präsidentschaftskandidat nominiert worden. Die Sozialisten schickten Katalin Szili ins Rennen (die gegenwärtig eine eigene Splitterpartei anführt), der jedoch die Freien Demokraten die Gefolgschaft versagten. So wurde es dem Fidesz möglich, Sólyom zum Wahlsieg zu verhelfen. Das Amt des Staatspräsidenten ist in Ungarn eher symbolische Natur, jedoch versuchte sich Sólyom während seiner Amtszeit immer wieder als aktive politische Kraft einzubringen, indem er beide Regierungen (zunächst die Linksregierung bis 2010 und anschließend Fidesz) während seiner Amtszeit kritisierte. Seine Beziehung zur Fidesz geführten Regierung hatte sich zugespitzt, nachdem der Fidesz eine neue Verfassung durchgedrückt und das Verfassungsgericht daran gehindert hatte, in Steuerfragen zu urteilen. In einem kürzlich veröffentlichten Interview mit Origo regte Sólyom an, dass Wähler, die mit den beiden großen Blöcken unzufrieden seien, für kleinere Parteien stimmen sollten. Er bezeichnete es als moralisch falsch, sich für das kleinere Übel zu entscheiden. Es gilt als allgemein ausgemacht, dass der ehemalige Staatspräsident vornehmlich die potenziellen Wähler der Sozialisten und deren Verbündete im Auge hatte – Wähler also, die trotz aller Zweifel die Linken als das kleinere Übel betrachten (vgl. BudaPost vom 27. März).
Man müsse anerkennen, dass es der ehemalige Präsident tunlichst vermieden habe, sich an die Seite einer bestimmten politischen Partei zu stellen, schreibt Miklós Hargitai in Népszabadság. Dessen ungeachtet interpretiert er Sólyoms Bemerkungen als klaren Hinweis dafür, dass er Fidesz – also die Partei, die ihn zum Präsidenten gewählt hatte – als eines der beiden Übel betrachte. Der Autor widerspricht der Bemerkung Sólyoms nicht ausdrücklich, wonach die Wahl selbst des kleineren Übels verwerflich sei. Jedoch glaubt Hargitai, dass die gegenwärtige Regierung Ungarn zurück in eine Gesellschaftsordnung führe, in der Loyalität den einzigen Weg zum Erfolg darstelle. Demzufolge sei sie das größere Übel. Der Autor gibt zu, dass der ehemalige Präsident Recht habe, wenn er sich dafür stark mache, „das Gute und nicht das kleinere Übel“ zu wählen. Ohne Sólyoms Appell für die Wahl kleiner Parteien zurückzuweisen, hält Hargitai aber eine Entscheidung zugunsten des größeren Übels für unverzeihlich.
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