„Jein“ für Navracsics
8. Oct. 2014Népszabadság vertritt die Auffassung, dass es sich beim künftigen ungarischen EU-Kommissar um einen charakterlosen Mann handele, der sich von der Regierung, der er vier Jahre lang gedient habe, distanzierte, um einen Posten in der Europäischen Kommission zu ergattern. Magyar Nemzet glaubt dagegen, dass Tibor Navracsics bei der schwierigen Anhörung die Ruhe bewahrt habe.
Bei zwei aufeinanderfolgenden Abstimmungen im Kulturausschuss des Europaparlaments wurde einerseits die Befähigung von Navracsics für ein Amt in der Kommission bestätigt, er jedoch andererseits als nicht geeignet für das Ressort Kultur, Bildung, Jugend und Europäische Staatsbürgerschaft befunden. Der Fidesz reklamierte die Entscheidung als einen Sieg für sich, während linke Europarlamentarier aus Ungarn von einer demütigenden Niederlage Navracsics’ sprachen.
In ihrem Kommentar auf der Titelseite wirft Népszabadság Tibor Navracsics vor, er distanziere sich von seinen Haltungen, um den erstrebten Posten in Brüssel zu bekommen. „Er ist die Sorte von Mensch, der wo immer nötig einknickt.“ Népszabadság empfindet es als geschmacklos, dass Navracsics die Leistung seiner eigenen Regierung in Hinblick auf die Pressefreiheit kritisierte, und glaubt, er hätte lieber seinen „europäischen Charakter“ zum Ausdruck bringen sollen, als er Kabinettsmitglied gewesen sei.
Magyar Nemzet merkt an, dass sich sozialistische, liberale und grüne Politiker wochenlang darauf vorbereitet hätten, Navracsics bei den Anhörungen in die Mangel zu nehmen. Sie hätten nicht einmal den Versuch unternommen, seine beruflichen und persönlichen Qualitäten infrage zu stellen. Stattdessen hätten sie ihre Besorgnis über die politische Lage in Ungarn zum Ausdruck gebracht. Dessen ungeachtet, fährt Magyar Nemzet fort, habe Navracsics bei der Anhörung gelassen auf die Fragen geantwortet.
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