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Abwanderung im Fokus

16. Apr. 2015

Ein Kolumnist des linken Spektrums wirft der Orbán-Regierung vor, im Ausland lebende ethnische Ungarn und links ausgerichtete junge Menschen grundsätzlich zu schikanieren. Sein konservativer Widerpart weist die Anschuldigungen zurück und hält fest, dass das auf einige Jahre befristete Studieren oder Arbeiten im Ausland zum normalen Leben in einem freien Land gehöre.

Laut einem in der Vorwoche veröffentlichen Bericht der zentralen ungarischen Statistikbehörde haben 2014 insgesamt 31.500 Ungarn das Land verlassen, um im Ausland zu arbeiten. Damit hat sich die Zahl der Migranten, die Ungarn zumindest für ein Jahr verlassen haben, seit 2013 verdoppelt und seit 2009 versechsfacht. Seit 1989, so die Schätzung, haben etwa 350.000 Ungarn zumindest ein Jahr im Ausland verbracht. 44 Prozent der Migranten sind unter 30 Jahre alt.

In Népszava vergleicht Gyula Hegyi die Auswirkungen der ungarischen Abwanderung mit dem Friedensvertrag von Trianon 1920, der Ungarn zwei Drittel seiner Bevölkerung gekostet hatte. Der linksgerichtete Kolumnist meint, dass Ungarn das Land nicht nur auf der Suche nach Arbeit und Wohlstand verließen. Sie wollten ebenso in einer freien Gesellschaft leben. Hegyi wirft der Orbán-Regierung vor, sie wolle der Bevölkerung ihre nationalistische, christlich-konservative Ideologie aufzwingen und respektiere nicht die Befindlichkeiten von ethnischen oder religiösen Minderheiten. Links orientierte Ungarn würden das Land als Folge der, wie Hegyi es nennt, „Hass-Kampagne der Regierung“ verlassen. Der Autor befürchtet, dass sich Ungarn, im Falle der Fortsetzung dieses Trends, zu einer rasant alternden und von sozialen Spannungen gezeichneten Gesellschaft entwickeln werde.

Es gebe nichts an dem Umstand auszusetzen, dass Ungarn Ausbildungs- und Arbeitserfahrungen im Ausland sammelten, kommentiert Ferenc Sinkovics in Magyar Hírlap. Der konservative Kolumnist betont, es sei irreführend, ein Jahr im Ausland verbringende Ungarn als Migranten zu bezeichnen. Sinkovics weist die Vorwürfe der Linken zurück, wonach junge Ungarn das Land verließen, um der Orbán-Regierung zu entkommen. Seiner Meinung nach verlassen ungarische Expats das Land lediglich in der Absicht, nach einigen Jahren zurückzukommen, was in freien Gesellschaften natürlich sei. Jedoch gibt der Autor zu, dass es ein Verlust sei, wenn gut ausgebildete Ungarn in der Hoffnung auf ein besseres Leben Blaumann-Jobs im Ausland annähmen. Abschließend meint der Autor, dass Ungarn den Abwanderungsstrom stoppen könnte, indem es nationale Gefühle und patriotische Empfindungen stärke, anstatt jungen Generationen kosmopolitische, anti-nationale liberale Ideologien einzuimpfen.

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