Kein Olympia-Referendum
22. Jan. 2016Liberale Kommentatoren bezeichnen die Entscheidung des obersten ungarischen Gerichtshofes (Kurie) gegen ein Referendum über Olympische Sommerspiele 2024 in Budapest als politisch motiviert.
Auf 444 macht sich Péter Erdélyi über die Begründung der Kurie lustig, wonach ein Referendum so lange nicht stattfinden könne, bis die ungarische Bewerbung um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2024 offiziell eingereicht worden sei. Der Autor bezeichnet das Urteil als „beängstigende Mitteilung vom Gipfel der Rechtsprechung“. Die Begründung sei fehlerhaft, denn von drei zu unternehmenden Schritten des Bewerbungsprozesses sei lediglich der erste innerhalb von drei Wochen abzuschließen. Der letzte müsse dann erst im Februar 2017 gegangen werden, womit viel Zeit für die Durchführung eines Referendums bleiben würde. Im Folgenden verweist Erdélyi auf eine niederländische Forschungsarbeit, wonach aufgrund der gewaltigen finanziellen Verluste, die Olympische Spiele heutzutage einbrächten, diese künftig nur noch in autokratischen Schwellenländern stattfinden dürften. (Nur sie würden über eine Zentralmacht sowie das für die Veranstaltung von Olympiaden nötige Geld verfügen – Anm. d. Red.) Erdélyi behauptet sogar, dass das Urteil gegen ein Referendum Ungarn weiter in die Richtung dränge, „ein solcher Platz zu werden“.
Márton Nehéz-Posony beschreibt die Entscheidung der Kurie als „forciert“. Ob das Referendum noch vor dem Februartermin abgehalten werden könne, sei völlig irrelevant, schimpft der Autor auf HVG online, denn das Ergebnis könne die Stadtverwaltung zur Rücknahme einer Bewerbung zwingen, die doch bereits eingereicht worden sei. Nehéz-Posony geht davon aus, dass die Regierung sich über das Urteil freuen werde. Durch das Abschmettern von zwei Referenden (bei dem anderen sollte über den Bau eines neuen Museumsviertels im Stadtwäldchen [Városliget], dem belebtesten Park der Hauptstadt abgestimmt werden – Anm. d. Red.) aufgrund „gesetzwidriger Erwägungen“ habe die Kurie ihr Image als unabhängige Institution massiv beschädigt, befindet Nehéz-Posony.
Unterdessen hat ein Sprecher der Kurie gegenüber Klubrádió geäußert, dass ein Referendum zur geplanten Olympiade sehr wohl abgehalten werden könne. Die spezielle Frage laute aber, ob die Bürger der Stadt eine offizielle Bewerbung wünschten. Genau diese Frage jedoch müsse beantwortet werden, noch bevor ein entsprechendes Referendum abgehalten werden könne. Im Hinblick auf das Projekt im Stadtwäldchen (Városliget) erklärte der Sprecher, dass kein Referendum über vom nationalen Parlament verabschiedete Gesetze stattfinden könne. Und dieses Projekt basiere auf einem Mandat, das dem Stadtrat vom Gesetzgeber verliehen worden sei – Anm. d. Red.