Kritik an ungarischem Referendum kritisiert
26. Mar. 2016Rechtsorientierte Kommentatoren spotten über kritische Bemerkungen von Martin Schulz. Der Präsident des Europaparlaments hatte das geplante ungarische Referendum über Zuteilungsquoten für Flüchtlinge gebrandmarkt. Gleichzeitig greifen sie den Bürgermeister von Szeged an, den Schulz wiederum gelobt hatte.
In einem Kommentar der rechtsgerichteten Tageszeitung Magyar Hírlap bezeichnet Ottó Nagy Martin Schulz als einen begriffsstutzigen Vertreter einer Not leidenden EU-Bürokratie. Die Terroranschläge in Spanien, London und Brüssel seien das „direkte oder indirekte Ergebnis“ des Kampfes, den der EP-Präsident im Sinne einer verbesserten Sicherheit der EU-Außengrenzen führe, vermerkt der Autor bitter ironisch und zitiert damit Bemerkungen von Schulz aus einem kürzlich veröffentlichten Interview mit der Hamburger Illustrierten Stern. Darin hatte der sozialdemokratische Politiker zugegeben, dass ungeachtet seiner Bemühungen in diesem Bereich in den vergangenen 20 Jahren nicht viel passiert sei.
(Der Plan der ungarischen Regierung, ein Referendum über Migrantenquoten abzuhalten [vgl. BudaPost vom 26. Februar], sei „nicht nur absurd, sondern perfide“, hatte Schulz in dem am Mittwoch im Stern veröffentlichten Interview geäußert. Massiv kritisiert Schulz darin die osteuropäischen EU-Staaten, allen voran Ungarn, weil sie den Gedanken einer, wie Schulz es nennt, „gerechten Umverteilung“ von Migranten unter den EU-Mitgliedsländern ablehnen. Allerdings verweist Schulz auch darauf, dass es sogar in Ungarn Orte gebe, die Migranten nicht abweisen würden. Als ein Beispiel verweist er in dem Stern-Interview auf Szeged. Die südungarische Stadt sei stramm linksorientiert und „alle Migranten könnten sich sicher dorthin begeben“. Am Donnerstag nahm der Fidesz unter Bezugnahme auf diese Äußerungen des EP-Präsidenten den Bürgermeister von Szeged, László Botka, aufs Korn. Botka gilt für die kommenden Parlamentswahlen (2018) als ein möglicher Kandidat der sozialistischen Partei für das Amt des Ministerpräsidenten. In der Kritik an seiner Person heißt es, er, Botka, habe einen „Geheimpakt“ mit dem Präsidenten des Europaparlaments über die Aufnahme von Migranten in Szeged geschlossen. Botka seinerseits bezeichnete den Vorwurf als eine Tollheit, die er nur schwer kommentieren könne – Anm. d. Red.)
Im weiteren Verlauf seines Kommentars äußert Ottó Nagy die Vermutung, dass selbst Botka vom Ausmaß des Lobes überrascht worden sei, das er von Schulz in dessen Interview zugesprochen bekam.
Im Leitartikel von Magyar Idők wird ebenfalls auf diese Passage im Stern-Interview eingegangen. Dabei betont Autor László Néző, dass der Zeitpunkt des Interviews für den Bürgermeister kaum hätte schlechter sein können, bringe sich dieser doch gerade für die bevorstehenden Wahlen um die Führung der Sozialistischen Partei in Stellung. Dessen ungeachtet geht Néző offenbar davon aus, dass eine Vereinbarung über die Aufnahme von Migranten in Szeged durchaus existieren könnte. Und indem er im Kern die Fidesz-Unterstellung aufgreift, möchte Néző gerne vom Bürgermeister wissen, weshalb er die Vereinbarung – so sie existiere – seinen Wählern verschwiegen habe.
Tags: László Botka, Martin Schulz, Szeged