Ungarn in den „Panama Papers“
6. Apr. 2016Im Zusammenhang mit den Enthüllungen um die sogenannten „Panama Papers“ sind auch die Namen von zwei ehemaligen ungarischen Parlamentsabgeordneten (einem Sozialisten und einem Fidesz-Politiker) aufgetaucht. Népszabadság äußert in diesem Zusammenhang die Vermutung, dass es sich bei undurchsichtigen Offshore-Geschäften um eine in führenden Kreisen Ungarns weit verbreitete Praxis handele. Das Onlineportal 444 beschreibt einen konkreten Fall.
Das Regierungslager habe bereits vor Jahren aufgehört, „Offshore-Ritter“ zu verurteilen, konstatiert Gábor G. Varga in Népszabadság. Dabei sei dies doch ein zentrales Wahlkampfthema gewesen, das dem Fidesz 2010 zum erdrutschartigen Wahlsieg verholfen hatte. Varga nennt den in den Skandal verwickelten ehemaligen Fidesz-Parlamentsabgeordneten Zsolt Horváth nicht ausdrücklich beim Namen, verweist aber darauf, dass der Minister für Nationale Entwicklung über „ein Netzwerk internationaler Unternehmen“ verfüge. (Als Rechtsanwalt hatte Miklós Seszták vor seiner Berufung zum Minister Offshore-Firmen für seine Klienten eingerichtet – Anm. d. Red.) Ohne genau zu erläutern, an welche Spitzenpolitiker er denkt, schlussfolgert Varga: „Auch die Großen der Politik kennen sich im Offshore-Geschäft aus, was bedeutet, dass sie mittlerweile ebenfalls zu den Schwergewichten gehören.“
Auf 444 beschreibt András Pethő die Art und Weise, in der ein sozialistischer Politiker in den Skandal verwickelt ist. Pethő, der dem mehrere hundert Journalisten umfassenden internationalen Rechercheteam angehört, das sich mit der Auswertung der „Panama-Leak“-Dokumente beschäftigt, habe darin den Namen einer ungarischen Lehrerin entdeckt, der lediglich ihrem Bekanntenkreis vertraut gewesen sei. Dabei handele es sich um die Ehefrau eines einstmals prominenten MSZP-Politikers. (László Boldvai war als Schatzmeister der Partei tätig und gehörte bis zuletzt dem Regionalrat des Komitats Nógrád an. Darüber hinaus war er Chef der örtlichen MSZP-Parteiorganisation. Am Dienstag hat Boldvai seine MSZP-Mitgliedschaft auf Eis gelegt – Anm. d. Red.) Laut der Recherche Pethős wurde die panamaische Firma in den Jahren 2012 und 2013 für Überweisungen im Gesamtvolumen von knapp einer Million US-Dollar benutzt. Pethő habe sich um eine Erklärung seitens des Ehepaars Boldvai bemüht, jedoch keine Antwort erhalten.
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