Umstrittene Investitionen in Orbáns Heimatort
9. May. 2016Die schwache Leistung des Puskás Akadémia FC in der diesjährigen ungarischen Meisterschaftsserie wird nicht zuletzt politisch ausgeschlachtet – für die Wochenzeitungen des Landes ein gefundenes Fressen.
In Heti Válasz schreibt Chefredakteur Gábor Borókai, bei der Gründung der Puskás Fußballakademie habe es sich zunächst um eine hervorragende Idee gehandelt, sollten doch neue Spielergenerationen herangezogen werden. Doch dann sei sie „Geld und politischer Einflussnahme“ erlegen. Die Tribünen des örtlichen Stadions, eines Treffpunkts für einflussreiche Leute, hätten sich zum eigentlichen Spielfeld entwickelt.
(Der Puskás Akadémia FC war 2007 von Viktor Orbán in dessen Heimatort Felcsút gegründet worden. Die Akademie selbst wird von Geschäftsleuten unterstützt, die im Gegenzug in den Genuss von Steuervergünstigungen gelangen. Ihr Präsident ist Lőrinc Mészáros, ein Geschäftsmann aus der Region. Gegenwärtig umfasst die Akademie eine vor Ort ansässige Mittelschule, Trainingsanlagen sowie ein neues, hochmodernes Fußballstadion [vgl. BudaPost vom 28. April 2014]. Eine ebenfalls neu errichtete Schmalspurbahn, die die Ortschaft mit einer nahegelegenen Touristenattraktion verbindet, wurde in der ungarischen Presse ebenfalls heftig kritisiert [vgl. BudaPost vom 4. Mai]. Das Fußballteam der Puskás Akadémia spielte in den vergangenen drei Jahren in der Ersten Liga , stieg jedoch vergangene Woche in die Zweitklassigkeit ab – Anm. d. Red.)
Nach Ansicht des Chefredakteurs von Heti Válasz lautet die Moral der Geschichte, dass politische Unterstützung fehlende Kompetenz nicht ausgleichen und Geld an sich nichts erschaffen könne, selbst wenn viel davon vorhanden sei. Allerdings habe der Abstieg des Teams Viktor Orbán auch rehabilitiert: Diejenigen, die dem Ministerpräsidenten nicht wohl gesonnen seien, hätten immer wieder lauthals Spielmanipulation geschrien. Nunmehr jedoch sei ganz klar, dass Orbáns Mannschaft ihre Gegner genau so besiegen müsse wie jedes andere Team auch. Somit sei der Abstieg im Grunde genommen eine gute Nachricht, unterstreicht Borókai. Und in offensichtlicher Anspielung an die Kunst der Politik behauptet der Journalist: Der Abstieg ermutige zur Wiederbelebung der Ideale Geduld und Besonnenheit.
Der Mann, der stets betont Habsucht und Machtexzesse verdamme, baue und betreibe nunmehr rot lackierte Modelleisenbahnzüge, die in unmittelbarer Nähe seines eigenen Zuhauses abfahren würden, wettert Zoltán Kovács heftig gegen die Schmalspurbahn und andere Projekte im Bereich Felcsút. In seiner regelmäßigen Kolumne für Élet és Irodalom verwirft der Chefredakteur der Wochenzeitung die Vorstellung, dass der Abstieg des Vereins die Glaubwürdigkeit Orbáns deutlich verbessern würde, als absurd. Sie solle lediglich die Tatsache verschleiern, dass der Ministerpräsident nahe seines Hauses ein Fußballstadion gebaut habe und dass sein Fußballwahn dem Gesundheits- und Bildungswesen Geld entziehe.
Viele Landsleute hätten den Untergang der Mannschaft freudestrahlend zur Kenntnis genommen, schreibt Zoltán F. Barka in Figyelő. Im Leitartikel des Wochenmagazins beteuert der Autor, diese Schadenfreude habe nichts mit dem Team an sich zu tun, sondern vielmehr mit der „Felcsút-Story“. Was sich gegenwärtig in Felcsút abspiele, erinnere die Machthabenden daran, dass man halt nicht immer gewinnen könne.
Der Abstieg der Mannschaft habe diejenigen Stimmen zum Schweigen gebracht, die ein unlauteres Spiel gewittert hätten, wird in einem Onlinekommentar von Magyar Idők behauptet. (Der Kommentator kritisiert mit dieser Äußerung Experten, die angedeutet hatten, Viktor Orbán und der Fidesz-Europaabgeordnete Tamás Deutsch hätten das Spiel Puskás Akadémia FC gegen MTK geschmiert. Dabei hatte der Underdog den von Deutsch geführten Erstligaverein MTK im vergangenen Monat besiegt – Anm. d. Red.)
In einem weiteren am Sonntag im Internet veröffentlichten Kommentar von Magyar Idők zieht János Pelle über die Opposition her, weil diese seiner Ansicht nach die Bauprojekte Schmalspurbahn und Stadion in den Dreck ziehen würde. Der Verfasser erinnert seine Leser daran, dass es sich bei der Schmalspurbahn in Wahrheit um die Teilrekonstruktion einer alten Linie handele, die 1979 rücksichtslos geschleift worden sei. Bei dem Projekt gehe es um den geschickten Einsatz von EU-Geldern und es sei Teil eines Programms zur touristischen Wiederbelebung der Region. Den Entscheidungsträgern Korruption vorzuwerfen, sei in diesem Falle vollkommen töricht, argumentiert Pelle. Die Öffentlichkeit werde zunehmend der niemals bewiesenen Korruptionsvorwürfe überdrüssig. Der Magyar Idők-Kommentator rät der Opposition, sie solle ihr Augenmerk besser auf größere Probleme von nationaler Bedeutung richten, falls sie nicht komplett abwracken wolle.
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