Orbán an die Briten: Bleibt in der EU!
21. Jun. 2016Ministerpräsident Viktor Orbán hat in der britischen Tageszeitung Daily Mail eine Werbeanzeige schalten lassen und sich darin für einen Verbleib des Landes in der Europäischen Union ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund wirft die führende linksorientierte Tageszeitung Ungarns der Regierung Zynismus vor. Ein Regierungspolitiker wiederum äußert sich dahingehend, dass die ungarische Regierung ungeachtet ihrer Auseinandersetzungen mit Brüssel niemals eine EU-feindliche Grundhaltung eingenommen habe.
Am Montag hat die ungarische Regierung in der britischen Tageszeitung Daily Mail eine von Ministerpräsident Orbán unterschriebene Werbeanzeige geschaltet. Darin heißt es: „Die Entscheidung liegt bei Ihnen, doch ich will Sie wissen lassen, dass Ungarn stolz ist, mit Ihnen gemeinsam der Europäischen Union anzugehören.“ Nach Angaben von Regierungssprecher Zoltán Kovács ist Ungarn der Europäischen Union verpflichtet.
In der Tageszeitung Népszabadság wirft Gábor Horváth der Regierung mit Blick auf ihre Anzeige äußersten Zynismus vor. Während Orbán in Ungarn behaupte, die ungarische Souveränität gegen die EU zu verteidigen, wolle er sich in die britischen Angelegenheiten einmischen und die Wähler des Vereinigten Königreiches von den Vorteilen der EU-Mitgliedschaft überzeugen. Nach Ansicht des linksorientierten Autors lässt sich die EU-feindliche Rhetorik der ungarischen Regierung nicht mit Hilfe der Botschaft einer gegen den Brexit gerichteten Anzeige in Ordnung bringen. Zudem sei es Ausdruck einer massiven Selbstgefälligkeit, wenn die ungarische Regierung davon ausgehe, es handele sich bei ihr um einen wichtigen Machtfaktor, dessen Meinung für britische Wähler von Bedeutung sei.
Zu diesem Thema meldet sich in der Person des stellvertretenden Staatssekretärs für internationale und EU-Angelegenheiten im Ministerium für Humanressourcen ein ranghoher Vertreter der Regierung zu Wort. Im Blog Messzelátó räumt Gábor Prőhle ein, dass die Anzeige gegen den Brexit vor dem Hintergrund der aktuellen Kampagne seiner Regierung gegen die von der EU verfochtene Zwangsquote bei der Umverteilung von Flüchtlingen auf den ersten Blick Erstaunen auslösen möge. Der Hauptgrund für die Verblüffung bei den Linken sei jedoch der Tatsache geschuldet, dass Ministerpräsident Orbán sowohl in der einheimischen als auch in der europäischen Linkspresse als EU-feindlicher Bösewicht dargestellt werde. In der Tat stehe Orbán der Union kritisch gegenüber, doch habe er sich stets an die Regeln der EU gehalten und sei bestrebt gewesen, die nationale Souveränität ohne Infragestellung der Europäischen Union zu stärken, beton der Regierungsbeamte. Diese kritische Haltung könnte letztendlich einige britische Wähler des Austrittslagers zum Überdenken ihre Meinung veranlassen, gibt sich Prőhle zuversichtlich.