Wochenpresse zu Präsident Áders Wiederwahl
20. Mar. 2017Anfang der vergangenen Woche wurde János Áder von der Parlamentsmehrheit der Regierungsparteien in seinem Amt als Staatspräsident bestätigt. Sein einziger Gegenkandidat László Majtényi führte hingegen einen aussichtslosen, aber symbolischen Kampf, um seine alternativen Ideen ins Spiel zu bringen. Die Kommentatoren streiten nunmehr einerseits über die im Parlament gebotene Vorstellung des Juristen als auch über die Leistung Áders im Laufe der zurückliegenden fünf Jahre.
Der Oppositionskandidat habe sich mit seiner Bewerbung um das höchste Amt im Staate in eine Zwickmühle manövriert, gibt Zoltán Lakner in 168 Óra zu bedenken. (Zuvor hatte Majtényi die Opposition aufgefordert, die Wahl der neuen Verfassungsrichter zu boykottieren, um dem „amtierende Regime“ seine Legitimation zu entziehen – Anm. d. Red.) Hätten die Oppositionsparteien nun jedoch keinen eigenen Kandidaten präsentieren können, wäre dies eine gefährliche Schwäche gewesen, die man sich kaum habe leisten könne, so die offensichtlichen Überlegungen Majtényis. Und so habe er die Möglichkeit genutzt und erläutert, weshalb er die Art und Weise für falsch halte, wie die gegenwärtige Regierung das Land führe. Damit habe er das Dilemma umschifft. Im Übrigen erkennt Lakner an, dass Áder eine ordentliche Rede gehalten und mit dem Erwähnen einer „kurzsichtigen Kleinhändlermentalität“ teilweise vielleicht sogar Kritik an der Regierung geübt habe.
Im wöchentlichen Leitartikel von Magyar Narancs wird die Kandidatur Majtényis keineswegs als von vornherein hoffnungsloses Unterfangen bezeichnet. Immerhin habe er doch die über 260.000 Unterschriften gegen die geplanten Budapester Olympischen Spiele hinter sich wissen können, ebenso den neuen, vom sozialistischen Ministerpräsidentenkandidaten László Botka vertretenen neuen linken Ansatz sowie die Energie „echter NGOs“, wachsende Unzufriedenheit „daheim und auf den Straßen“ und schließlich die Verwirrung „der skrupellosesten Unterstützer des Regimes“. Präsident Áders Rede tun die Autoren als einen unwürdigen Versuch ab, sich um die Probleme des Landes herumzudrücken – „vielleicht weil er nicht zu viel lügen wollte“, ätzen die Autoren.
Der Chefredakteur von Heti Válasz, Gábor Bórókai, kritisiert die regierungsfreundliche Presse für ihre Negativkampagne gegen Majtényi und andere Oppositionsvertreter, die der Öffentlichkeit als reine Marionetten des „Soros-Imperiums“ präsentiert würden. (Der ungarisch-amerikanische Investor George Soros unterstützt zahlreiche Initiativen, die sich für offene Gesellschaften einsetzen – Anm. d. Red.) Bórókai erinnert daran, dass es Ministerpräsident Orbán nie an Mut gefehlt habe. Infolgedessen sei er bereits als 35-Jähriger zum ersten Mal Ministerpräsident geworden und biete nunmehr in der Frage des Umgangs mit der Migrationskrise fast der gesamten Europäischen Union die Stirn. Er selbst und das Land hätten diesem Mut viel zu verdanken, gibt Bórókai zu. Doch verdiene der Mut anderer Leute ebenso Respekt, mahnt der Autor. Dies umso mehr, da der Regierungschef früher selbst als Zielscheibe ungehöriger Angriffe gedient habe. So sei er unter anderem als Faschist bezeichnet worden. Man habe Lügen über eine angebliche Misshandlung seiner Frau gestreut und so weiter. Derartiges Unrecht hätte seinen Anhängern klarmachen sollen, was beim Umgang mit Kontrahenten akzeptabel sei und was nicht, so Bórókai abschließend.
Eine ähnliche Abneigung gegen derlei Negativkampagnen bringt auch Péter Farkas Zárug zum Ausdruck. In Demokrata erinnert er an seine eigene positive Einschätzung Majtényis als Person und öffentliche Figur, als der Jurist wegen Meinungsverschiedenheiten über Mehrheitsbeschlüsse des eigenen Gremiums von seinem Posten als Chef der damaligen Rundfunk- und Fernsehbehörde (ORTT) zurückgetreten war – und zwar kurz bevor er Anspruch auf eine Abfindung von acht Millionen Forint gehabt hätte. Seine Denkfabrik werde sicherlich von einer der Soros-Stiftungen unterstützt, doch das qualifiziere ihn nicht als jemanden mit bösen Absichten ab. Selbst wenn János Áders Wiederwahl nicht zu 100 Prozent sicher gewesen wäre, wäre es unmoralisch gewesen, eine Hetzkampagne gegen seinen Herausforderer zu starten, schreibt der der Regierung nahestehende Analyst. Andererseits weist er Bewertungen rundweg zurück, wonach Áder lediglich der Jasager der Regierung sei. Im Gegenteil, so erinnert Zárug, habe der Präsident gegen Dutzende von Gesetzen sein Veto eingelegt und damit dazu beigetragen, die „legislative Hyperaktivität“ im Zaum zu halten.
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