Debatte um renitente Demonstranten
21. Apr. 2017Eine Kolumnistin des linken Spektrums verteidigt Demonstranten, die Farbbeutel Richtung öffentlicher Gebäude schleudern, und begründet dies mit dem Mangel an anderen Möglichkeiten, ihrem Ärger Luft zu machen. Ein regierungsnaher Kommentator argumentiert dagegen, jeder habe das Recht zum Protest – aber nur unter Beachtung von Gesetz und öffentlicher Ordnung.
Bei einer der Demonstrationen der vergangenen Woche wurden zwei Protestierende festgenommen und anschließend zu gesellschaftlicher Arbeit verurteilt. Sie hatten zuvor Farbbeutel gegen den Präsidentenpalast geworfen. Am Mittwoch untersagte die Polizei je eine Demonstration für die Rechte von NGOs sowie der CEU, da diese Veranstaltungen die zeitweilige Schließung von Budapester Brücken zur Folge gehabt hätten.
In Népszava zieht Judit Kósa Parallelen zwischen den aktuellen Entwicklungen und denjenigen Ende der 1980er Jahre. Wie in den letzten Jahren des Sozialismus lasse sich die Unzufriedenheit der machtlosen Masse lediglich mit Hilfe ungewöhnlicher Aktionen Ausdruck verleihen. Zu ihnen gehört nach Ansicht der links ausgerichteten Kolumnistin auch der performative Umgang mit Farben. Solche Wurf-Aktionen trügen zwar nicht zur Förderung politischer Ziele bei, doch geht Kósa davon aus, dass sich die Protestierenden danach etwas besser fühlen würden.
Versammlungsfreiheit und das Recht zum Protest bedeuteten nicht, dass Demonstrierende die öffentliche Ordnung störten dürften, schreibt János Somogyi in Magyar Idők. Der pensionierte Rechtsanwalt hält es für absurd, dass die Opposition den Behörden antidemokratisches Verhalten vorwirft. Der Missbrauch demokratischer Rechte durch „fehlgeleitete Jugendliche und von ausländischen Organisationen bezahlte Provokateure“ würde „Wall Street-Globalisten“ und George Soros eine Möglichkeit eröffnen, „sich entschieden in innere Angelegenheiten Ungarns einzumischen und die demokratisch gewählte Regierung des Landes zu Fall zu bringen“. Jeder habe das Recht zum friedlichen Protest. Doch warnt Somogyi vor dem Provozieren friedlicher Mehrheiten, die ihren Frust nach Ansicht das Verfassers wiederum verstärkt gegen Demonstranten richten würden.
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