Gegenteilige Beurteilungen der guten Wachstumsprognosen
1. Jul. 2017Ein regierungsnaher Analyst bewertet die guten Wachstumsvorhersagen als Beleg dafür, dass die ungarische Wirtschaftspolitik bessere Ergebnisse hervorbringe als die gewöhnlichen EU-Rezepte. In den Augen eines linksorientierten Kolumnisten dagegen gefährdet die Regierung mit ihrer Verweigerung einer weiteren europäischen Integration die Zukunft des Landes.
In Magyar Idők verweist Péter Novoszáth darauf, dass das ungarische Wachstum von 3,7 Prozent im ersten Quartal bereits über den in den meisten anderen europäischen Ländern verzeichneten Werten liege. Die für 2018 erwartete Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um 4,8 Prozent werde Ungarn im europaweiten Ranking zusätzlich voranbringen, unterstreicht der Wirtschaftswissenschaftler. Ungarn halte das Defizit öffentlicher Haushalte bereits seit sechs Jahren unter der von der EU geforderten Obergrenze von drei Prozent, während Frankreich und Italien diesbezüglich praktisch auf der Stelle träten – ganz zu schweigen von Griechenland, wo die von Brüssel verabreichte Medizin für ein fortwährendes Negativ-Wachstum sorge. Novoszáth fragt sich, ob unter diesen Umständen die EU-Mitgliedsländer tatsächlich weitere Kompetenzen an Brüssel delegieren sollten. Seine persönliche Einschätzung dazu: Immer mehr Entscheidungen sollten von den nationalen Regierungen getroffen werden.
Miklós Bonta wiederum ist davon überzeugt, dass positive Erwartungen hinsichtlich der Zukunft Ungarns übertrieben optimistisch ausfielen. Zur Begründung verweist der Journalist der linken Tageszeitung Népszava auf die negative Haltung der Regierung zum Konzept einer engeren europäischen Integration. Egal, wie positiv die Wachstums-, Verbraucher oder Investoren-Indizes auch immer seien, Ungarn werde den Abstand, den es von entwickelteren europäischen Staaten trenne, nicht verkleinern, denn seine Führung lehne die Zustimmung zu weiteren Integrationsschritten innerhalb der Union ab. Nach dem Brexit und dem Sieg von Emmanuel Macron in Frankreich werde die EU unweigerlich weiter in Richtung einer noch engeren Integration marschieren. Dass diejenigen, die nicht mitmarschierten, erbarmungslos zurückgelassen würden, hält Bonta für ausgemacht.
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