Ungarische Rückwirkungen des katalanischen Referendums
3. Oct. 2017Ein regierungsnaher sowie ein unabhängiger konservativer Kolumnist befassen sich mit den weitreichenden Folgen, die sich aus dem Ergebnis des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums ergeben, darunter auch die Auswirkungen auf die magyarischen Minderheiten jenseits der Grenzen Ungarns. Beide Autoren lassen in ihren Überschriften den Titel eines Buches von George Orwell anklingen: Homage to Catalonia (Mein Katalonien).
Levente Sitkei weist vor dem Hintergrund der gewalttätigen Zusammenstöße am Rande des katalanischen Referendums darauf hin, dass erfolgreiche Unabhängigkeitsbewegungen immer auch mit einem gewissen Maß an Gewalt einhergingen. In Magyar Idők räumt der regierungsfreundliche Kolumnist ein, dass im Falle Kataloniens beide Seiten berechtigte Ansprüche erheben könnten. Hinsichtlich der umfassenderen Folgen des Konflikts könnte der Fall Katalonien auch anderen regionalen Abspaltungsbestrebungen Auftrieb verleihen. Sitkei behauptet, die ungarische Regierung habe das Referendum nicht deshalb unterstützt, weil sie sich in den Streit zwischen Katalonien und Spanien habe einmischen wollen. Vielmehr stehe sie für das Recht von Minderheiten ein, ihren Wünschen Ausdruck zu verleihen. Dabei habe Budapest die jenseits der Grenzen Ungarns lebenden Landsleute im Sinn, konstatiert Sitkei.
Gellért Rajcsányi von Mandiner geht davon aus, dass die Auseinandersetzung um Katalonien magyarischen Minderheiten jenseits der Grenzen drei ganz unterschiedliche, aber auch legitime Interpretationsmöglichkeiten biete: „Technokratisch-liberale Verfechter der Globalisierung“ könnten die Ereignisse als eine Mahnung auslegen, wonach Unabhängigkeitsbewegungen ein friedliches Zusammenleben bedrohen würden; „romantische Imperial-Konservative“ dürften auf die Gefahren des Zerfalls hinweisen, während „das linksextremistische Pro-Autonomie-Lager sowie Ethno-Nationalisten“ das Referendum als Triumph der nationalen Selbstbestimmung begrüßen könnten. Rajcsányi hält es für gegenwärtig noch nicht absehbar, ob Katalonien der ungarischen Autonomiebewegung in Siebenbürgen helfen oder sie behindern werde. Eine der wichtigsten aus dem Fall zu ziehenden Lehren bestehe darin, dass ein gewaltsames Eingreifen durch den Staat die Unabhängigkeitsbefürworter stärke. Abschließend konstatiert Rajcsányi etwas hintersinnig, dass im Falle einer ausreichend mächtigen Unterstützung und Entschlossenheit vor Ort sowohl Katalanen „als auch Ungarn im Karpatenbecken“ kollektive Ziele erreichen könnten.
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