Zur Freiheit der Medien in Ungarn
23. Oct. 2017In der vergangenen Woche haben sowohl der US-amerikanische Geschäftsträger als auch die Ungarische Gesellschaft für Freiheitsrechte (TASZ) Besorgnisse über die Situation der hiesigen Medien zum Ausdruck gebracht. Vor diesem Hintergrund wirft ein Kommentator des linken Spektrums der Regierung vor, sie versuche kritische Stimmen im Bereich der Medien mundtot zu machen. Dagegen weist ein Kolumnist aus dem der Regierung nahestehenden Lager darauf hin, dass die beliebtesten Medien vehemente Kritiker der ungarischen Führung seien.
Am Dienstag warf der Chargé d’affaires der Vereinigten Staaten, David Kostelancik, der Regierung eine Einschränkung der freien Meinungsäußerung in Ungarn vor (vgl. BudaPost vom 20. Oktober). Am Mittwoch forderte die Ungarische Gesellschaft für Freiheitsrechte (TASZ) eine klare juristische Unterscheidung zwischen unabhängigen Presseorganen und Medien auf der einen sowie „regierungsfreundlicher Propaganda“ auf der anderen Seite. Die Wächter-NGO regte an, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung auf unabhängige Medien beschränkt werden sollte. Hingegen seien von der Regierung finanzierten Medien redaktionelle Meinungsäußerungen zu untersagen, so die Forderung von TASZ. Regierungssprecher Zoltán Kovács verwies in einer Stellungnahme darauf, dass Kostelancik seine Besorgnis über die Pressefreiheit in Anwesenheit ehemaliger prominenter kommunistischer Journalisten zum Ausdruck gebracht habe – darunter auch der Moderator selbst, der eine tägliche Informationssendung im RTL-Fernsehen moderiere.
Auf Index wirft Dávid Sajó regierungsnahen Investoren vor, sie hätten wichtige Medien mit dem Ziel erworben, sie als Sprachrohr der Regierung einzusetzen. Der liberale Kommentator erinnert daran, dass die Medienbehörde einerseits ein Veto gegen den Ankauf von Centrál Digitális Média durch den führenden Fernsehsender RTL eingelegt, hingegen regierungsfreundlichen Millionären grünes Licht für den Aufbau von Medienimperien durch den Erwerb unabhängiger und linker Medien gegeben habe. Nach Ansicht des Kommentators möchte die Medienbehörde eher den Interessen der Regierungsparteien als der Medienvielfalt dienen. Infolgedessen seien „die meisten ungarischen Medien von Leuten aus dem Umfeld der Regierung aufgekauft worden”, so Sajó.
Bence Apáti von Magyar Idők hält die Behauptung, ungarische Medien seien nicht frei, für absurd. Der regierungsfreundliche Publizist erinnert daran, dass das beliebteste Nachrichtenprogramm vom überaus regierungskritischen Fernsehsender RTL ausgestrahlt werde. Darüber hinaus seien die beiden Hauptnachrichtensender ATV und Hír TV noch entschiedenere Kritiker der Machthaber. Es sei doch schon verwunderlich, so Apáti, dass linke und liberale Intellektuelle über die mangelnde Meinungsfreiheit klagen würden – und zwar in Medien mit landesweiter Verbreitung.
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