Noch vier Wochen bis zur Wahl
12. Mar. 2018Einen Monat vor der Wahl im April sehen sich die Kommentatoren aus allen Teilen des politischen Spektrums nicht in der Lage, das Ergebnis des Urnengangs vorherzusagen. Die Opposition könnte den Fidesz durchaus am Gewinn einer parlamentarischen Mehrheit hindern, aber es wäre auch denkbar, dass die Regierungspartei erneut eine Zweidrittelmehrheit erkämpft.
Die Oppositionsparteien dürften kaum einen flächendeckenden Kompromiss aushandeln und sich auf gemeinsame Wahlkreisdirektkandidaten verständigen können, lautet die Einschätzung von Gábor Török. Zwei Wochen nach dem Sieg der Opposition bei der Bürgermeisternachwahl in Hódmezővásárhely sehe sich die Opposition hohen Erwartungen gegenüber. Doch dürften die unterschiedlichen Parteiinteressen verhindern, dass die potenziellen Verbündeten alle oder wenigstens die meisten ihrer Kandidaten zu Gunsten eines Mitbewerbers zurückziehen. Während sämtliche Oppositionsparteien eine parlamentarische Fidesz-Mehrheit verhindern wollten, so erklärt Török, konkurrierten sie auch untereinander um die Führungsposition innerhalb der Opposition. Nach Ansicht des Politologen dürfte die Opposition nur in wenigen Wahlkreisen zusammenarbeiten. Allerdings könnten sich die Wähler ganz unabhängig davon für den jeweils stärksten Oppositionskandidaten entscheiden. Falls sie dies täten, werde der Fidesz vielleicht nicht die für die Regierungsbildung nötige Mehrheit auf sich vereinigen können. Andererseits jedoch: Würden die Stimmen der Opposition aufgeteilt, könnte der Fidesz erneut eine Zweidrittelmehrheit erringen, gibt Török abschließend zu bedenken.
In Heti Válasz äußert Bálint Ablonczy die Vermutung, dass die Opposition in 60 bis 65 Wahlbezirken kooperieren werde. Allerdings dürfte die Mehrheit der Anhänger von Oppositionsparteien kaum bereit sein, für gemeinsame Kandidaten zu votieren. Der konservative Kolumnist verweist auf eine aktuelle Umfrage des Závecz-Instituts für Markt- und Sozialforschung, wonach lediglich 20 Prozent der Jobbik-Wähler linke und nur 25 Prozent der linksorientierten Ungarn Jobbik-Kandidaten unterstützen würden. Dies mag jedoch noch immer für Siege der Opposition über Fidesz-Bewerber genügen – jedoch nur in einigen Wahlbezirken, glaubt Ablonczy. Dennoch schließt er bis zum Abschluss des Wahlkampfes jederzeit mögliche Änderungen von Parteistrategien nicht aus.
András Bencsik verweist darauf, dass sich der Fidesz und die Opposition in den Meinungsumfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern würden. Nach Ansicht des Chefredakteurs von Magyar Demokrata ist es den gegenwärtig Regierenden gelungen, die Wirtschaft zu stärken und den Wohlstand zu heben. Bencsik wirft der Linken demagogische Wohlfahrtsversprechungen vor und befürchtet, dass der Sieg der Opposition in einer Katastrophe münden würde. Falls die Linke gewinnen sollte, werde sie Migranten im Land dulden, sämtliche Errungenschaften des Orbán-Kabinetts zerstören und Ungarn in die Verarmung stürzen, schreibt der regierungsnahe Publizist.
In 168 Óra wagt Péter Nagy N. einen Rückblick auf die vergangenen acht Jahre und vertritt dabei die Auffassung, dass die Regierung einige ihrer Versprechen nicht eingelöst habe. Zwar seien unter der Regierung Orbán Hunderttausende von Arbeitsplätzen geschaffen worden, allerdings gehe dies in erster Linie auf das Konto der sich verbessernden Konjunkturaussichten in Europa und sei weniger eine Leistung der Regierung, glaubt der linke Publizist. Zudem habe es die Regierung versäumt, Verbesserungen im Bildungssystem umzusetzen sowie die Abwanderung von Ärzten zu stoppen, kritisiert Nagy. Am schwersten wiegt für den Kommentator das Versäumnis der amtierenden Regierung, die Korruption unter den früheren sozialistisch-liberalen Regierungen zu untersuchen. Und so äußert Nagy die Hoffnung, dass im Falle einer Wahlniederlage des Fidesz im April die neue Regierung entschiedener gegen Korruption vorgehen werde.
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