Wochenzeitungen: Letzte Worte vor dem Urnengang
7. Apr. 2018Da die jüngsten Umfragen einen Sieg der Regierungspartei bei den am Sonntag stattfindenden Parlamentswahlen voraussagen, denken die Wochenzeitungen schon einmal darüber nach, was nach dem 8. April kommen könnte.
Gábor Borókai, Chefredakteur von Heti Válasz, bedauert in seinem regelmäßigen Leitartikel die Erosion der politischen Kultur Ungarns. Sowohl der Fidesz als auch die Opposition hätten sich im Laufe des Wahlkampfes nicht mit den wirklich wichtigen Themen befasst, klagt der Publizist. Stattdessen hätten sich sowohl die Regierungspartei als auch ihre Herausforderer auf Korruptionsvorwürfe und Panikmache konzentriert. Möge Ungarn früher oder später zu Zeiten vor 2002 zurückkehren können. Damals, so Borókai, seien die politischen Auseinandersetzungen „vernünftiger und maßvoller“ geführt worden.
Im Wochenmagazin 168 Óra äußert Ervin Tamás die Befürchtung, dass der bittere und wütend-sektiererische Krieg zwischen Fidesz und der Opposition auch nach der Wahl vom Sonntag weitergehen werde. Der dem linken Spektrum zuzurechnende Kommentator geht davon aus, dass keine Chance auf Versöhnung zwischen Rechter und Linker existiere. Bereits seit geraumer Zeit habe sich Ernüchterung unter den ungarischen Wählern breit gemacht. Demzufolge hätten sie für diejenige Partei gestimmt, die sie für das kleinere Übel hielten. Diesmal allerdings lasse sich nicht so leicht entscheiden, welche Option die am wenigsten schlechte sei, schließt Tamás.
Das Wichtigste sei ein Sieg über den Fidesz, bekräftigt Magyar Narancs. Das linksliberale Wochenmagazin sieht ziemlich schwarz, wenn es schreibt: Falls der Fidesz gewinnen sollte, würden sie die Freiheit komplett ausradieren und Ungarn werde keine Chance auf eine Rückkehr zur Demokratie haben. Magyar Narancs beschwört die Wähler, sie sollten alle gegen den Fidesz antretenden Kandidaten unterstützen – sogar die Bewerber von Jobbik vor Ort in den einzelnen Wahlkreisen.
Károly Szalay von Magyar Demokrata wiederum meint, dass die Opposition die Wähler einfach nicht verstehen würde. Es sei doch erbärmlich, wenn die Linke meine, sie könne mit der Behauptung Stimmen gewinnen, die Interessen der Wähler besser zu vertreten als die derzeit Herrschenden, echauffiert sich der regierungsnahe Kolumnist und fährt fort: Linke sowie liberale Parteien könnten nicht verstehen, dass die Ungarn mehr Wert auf nationale Identität, Symbole und Unabhängigkeit legten als auf ihre materiellen Interessen. In Anbetracht all dessen hält Szalay ein Scheitern des Fidesz bei den Wahlen für höchst unwahrscheinlich.
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