Ungarn präsentiert sich am 56er Jahrestag tief gespalten
25. Oct. 2018Die Kommentatoren sind bei der Beurteilung der Reden führender Politiker genauso gespalten wie Letztere in ihren unterschiedlichen Auslegungen der Ereignisse des Jahres 1956 sowie tagespolitischer Fragen.
In Népszava nimmt Miklós Hargitai die Gedenkrede von Ministerpräsident Viktor Orbán unter die Lupe. (Der Regierungschef hatte unter anderem versichert, dass Ungarn Druck aus Brüssel nicht nachgeben werde. Diese Haltung steht laut Orbán im Einklang mit den Gefühlen der Ungarn, die sich vor 62 Jahren gegen die sowjetische Unterdrückung aufgelehnt hatten – Anm. d. Red.) Hargitai wirft dem Ministerpräsidenten vor, lediglich ein „kleptokratisches Regime“ vor Kritik seitens der Europäischen Union verteidigen zu wollen. Gleichzeitig bezeichnet der linksliberale Kommentator die Auftritte von Rednern auf einer der Oppositionskundgebungen anlässlich des Jahrestages als jämmerlich. Die einzige von ihnen verkündete Botschaft sei der Appell an die Adresse der Europäischen Union gewesen, sie möge den ungarischen Regierungschef bestrafen. Zwar räumt Hargitai ein, dass beide Seiten in einigen Punkten Recht haben mögen, doch falls dies alles sei, was sie über 1956 zu sagen hätten, „wäre das mit Blick auf die Zukunft alles andere als vielversprechend“.
György Szalma hält es auf Mandiner für symptomatisch, dass es sich bei den beliebtesten Rednern auf einer der Oppositionskundgebungen vom Dienstag um zwei parteilose Persönlichkeiten gehandelt habe. (Ákos Hadházy – früher Ko-Vorsitzender der LMP – nutzte den Jahrestag, um für seine Kampagne zu werben. Mit ihr fordert Hadházy die Regierung auf, sich dem Projekt zur Etablierung einer Europäischen Staatsanwaltschaft anzuschließen. Péter Márky-Zay, der als unabhängiger, aber von der Opposition unterstützter Kandidat zum Bürgermeister von Hódmezővásárhely gewählt worden war, mahnte für zukünftige landesweite Wahlen eine vergleichbare Geschlossenheit zugunsten unabhängiger Bewerber an – Anm. d. Red.)
Szalma beschreibt diese beiden Redner als plump und langweilig. Die Regierenden hätten nichts von einer Opposition zu befürchten, die keine besseren Kandidaten für die Führung des Landes hervorzubringen vermag, so Szalma.
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