Ministerpräsident Orbán würde lieber in der EVP bleiben
9. Mar. 2019Ein konservativer Kommentator hält die Empfehlung, der Fidesz sollte die Europäische Volkspartei verlassen, für unverantwortlich. Ein Kollege aus dem linken Spektrum wiederum beschwert sich über die Führungsriege der EVP: Viel zu lange schon habe sie „die antidemokratische Politik des Fidesz“ toleriert.
Am Donnerstag hat Ministerpräsident Viktor Orbán in Reaktion auf den Vorschlag eines Magyar Nemzet-Leitartikels, der Fidesz solle doch die Europäische Volkspartei verlassen (vgl. BudaPost vom 8. März), mehr Ruhe und Gelassenheit angemahnt. Gergely Gulyás, der für das Büro des Regierungschefs zuständige Minister, erklärte vor Pressevertretern, dass Fidesz Mitglied der Europäischen Volkspartei bleiben wolle. Außenminister Péter Szijjártó erklärte allerdings, dass sich die ungarische Regierung nicht für ihre von der EVP-Führung kritisierte Kampagne entschuldigen werde (vgl. BudaPost vom 5. März). In seinem zweiwöchentlichen Interview mit dem staatlichen Kossuth Rádió interpretierte Orbán am Freitagmorgen die Kritik der EVP an seiner Partei als den Angriff von Pro-Migrationspolitikern gegen Ungarn. Der Regierungschef betonte, er ziehe einen Verbleib in der EVP vor. Allerdings bestehe die Hauptpriorität für ihn in einem Stopp der Migration sowie in der Bewahrung christlicher Werte – sei es als Mitglied der EVP oder durch andere Maßnahmen.
Kristóf Trombitás hält den Appell, der Fidesz möge die EVP ohne die gesicherte Beitrittsmöglichleit zu einer anderen mächtigen EU-Parteienfamilie verlassen, für unverantwortlich. Auf Mandiner äußert der regierungsfreundliche Blogger Verständnis dafür, dass viele rechtsorientierte Menschen mit der EVP unzufrieden seien, die sich laut Trombitás in „eine Marionette der Linken“ verwandelt hat. Dennoch vertritt er die Ansicht, dass Fidesz pragmatischen Überlegungen folgen sollte, und erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die EVP derzeit die stärkste Gruppierung innerhalb der EU sei. Was den Vorschlag betrifft, sich den radikaleren Rechtsparteien anzuschließen, so ist Trombitás vorsichtig: Die populistischen Parteien stünden den echten Werten der Rechten nicht näher als die EVP. Entsprechend sollte der Fidesz zumindest bis zur Wahl zum Europäischen Parlament im Mai seine Mitgliedschaft in der EVP aufrechterhalten, empfiehlt Trombitás abschließend.
Tamás Beck richtet sich mit scharfen Worten an Manfred Weber, den Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei für die Wahlen zum Europaparlament. In Népszava begründet der linke Kommentator seine Kritik mit dessen lange geübter Toleranz gegenüber der „destruktiven“ und „antidemokratischen“ Politik von Ministerpräsident Orbán. Beck wirft Weber vor, indem er nicht früher gegen Orbán eingeschritten sei, habe er opportunistische politische Machterwägungen vor die Verteidigung europäischer Grundwerte gestellt. Beck räumt ein, dass Viktor Orbán nur von den ungarischen Wählern besiegt werden könne, aber aus seiner Sicht kann die EVP sehr hilfreich sein, „um den Fidesz aufzuhalten“.