Fidesz gilt als klarer Favorit für die Europawahlen
23. Apr. 2019Fünf Wochen vor den Wahlen zum Europäischen Parlament sagen sowohl regierungsnahe als auch linksorientierte Experten einen Sieg des Fidesz voraus.
Laut einer kürzlich vom Europäischen Parlament in Auftrag gegebenen Umfrage würde der Fidesz bei den in fünf Wochen abgehaltenen Europawahlen 13 Mandate gewinnen. MSZP und Jobbik sollten mit jeweils drei Abgeordneten in das hohe Haus einziehen, die Demokratische Koalition und Momentum jeweils ein Mandat gewinnen.
In einem sarkastischen Artikel für Magyar Nemzet verspottet János Dénes Orbán die Demokratische Koalition (DK) sowie deren Spitzenkandidatin für die Wahlen zum Europäischen Parlament, Klára Dobrev. Der für seine eigenwilligen Kommentare bekannte Autor hält es für das Zeichen einer „sich anbahnenden Diktatur“, dass die Gattin des ehemaligen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány bei den Europawahlen als DK-Spitzenkandidatin antrete. Das erinnert den im rumänischen Siebenbürgen geborenen Orbán an die Familie Nicolae Ceaușescus. Orbán verweist darauf, dass Klára Dobrev die Enkelin von einem der führenden Repräsentanten des einstigen kommunistischen Regimes sei. Und obgleich weder Ferenc Gyurcsány noch Klára Dobrev von den Ungarn ernst genommen würden, gelten sie dessen ungeachtet global ausgerichteten EU-Eliten noch immer als ideale Partner, notiert Orbán.
Nach Ansicht von Magyar Demokrata-Chefredakteur András Bencsik verfügt der Europawahlkampf der Opposition über keinerlei Substanz. Der regierungsfreundliche Journalist hält es für besonders beunruhigend, dass die Demokratische Koalition die Idee der Vereinigten Staaten von Europa unterstütze. Bencsik hält einen derart zentralisierten europäischen Bundesstaat für potenziell repressiv und damit der Sowjetunion nicht unähnlich.
Mariann Őry von Magyar Hírlap bringt ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass der derzeitigen EU-Führung bei den Wahlen im Mai eine Niederlage beigebracht werden könne. Őry beschuldigt die EU, sich weit über ihr Mandat hinaus in die ungarische Innenpolitik einzumischen und die Opposition bei ihrem Bemühen um einen Sieg über Ministerpräsident Orbán zu unterstützen. Die Zeitungsredakteurin wirft der EU darüber hinaus vor, durch die Förderung der Migration einen existenziellen Fehler zu begehen. Sie würde sich wünschen, dass die EU von Politikern übernommen werde, „die Europa wirklich lieben“.
Magyar Narancs dagegen wirft dem Fidesz und Ministerpräsident Orbán die Verbreitung von Verschwörungstheorien vor. Aus Sicht der Leitartikler des liberalen Wochenmagazins basiert die Angst des Fidesz vor Migrationsbewegungen auf den gleichen Konzepten wie denjenigen, die einst autoritäre Politiker in den 1920er und 1930er Jahren vertreten hätten. Diese Politik, so glaubt Magyar Narancs, werde einen „moralischen Zerfall“ in Ungarn entfachen.
Péter Németh von Népszava findet es betrüblich, dass die Oppositionsparteien getrennt an den Start gehen. Noch enttäuschender sei jedoch, dass auch die Linke einmal mehr die Gelegenheit verpasst habe, die Regierenden geschlossen herauszufordern. Németh ist äußerst skeptisch, ob sich diejenigen Oppositionsparteien, die sich bei den Wahlen zum Europäischen Parlament gegeneinander positionieren würden, bei den Kommunalwahlen im Herbst gegen den Fidesz zusammenschließen würden.
In 168 Óra stellt auch Ervin Tamás die Befürchtung in den Raum, dass es für die Linke schwierig sein werde, angesichts ihrer harten Auseinandersetzungen um die Führungsposition bei den Wahlen zum Europäischen Parlament mit Blick auf die Kommunalwahlen im Herbst zusammenzuarbeiten. Das linksinterne Gerangel würde die Wähler entfremden und die Opposition schwächen, glaubt Tamás und ergänzt: Die Streitigkeiten zwischen den linken Parteien über die globalen Herausforderungen sowie über das Thema Migration seien anspruchsvoller als das, was er „die vereinfachende populistische Rhetorik der Regierung“ nennt. Allerdings wisse die breite Öffentlichkeit nuancierte politische Antworten nicht zu schätzen, fürchtet Tamás.
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