99 Jahre Trianon
6. Jun. 2019In Erinnerung an den Friedensvertrag von Trianon, der 1920 für eine Zerstückelung des Königreichs Ungarn gesorgt hatte, schlägt ein liberaler Historiker vor, das Land sollte seinen Opferkomplex ad acta legen. Ein regierungsnaher Kommentator befürchtet wiederum, dass die Masseneinwanderung eine mit Trianon vergleichbare Bedrohung nicht nur für Ungarn, sondern für alle europäischen Nationen darstelle.
In einem Interview mit Klubrádió hat István Kopcsik die in rechten Kreisen verbreitete Darstellung zurückgewiesen, der zufolge die Westmächte nach dem Ersten Weltkrieg Ungarn hätten schikanieren wollen. Sie hätten die neuen Grenzen zwischen Ungarn und den von ihnen geschaffenen Nationalstaaten ohne Rücksicht auf ethnische Gegebenheiten gezogen, so der stellvertretende Vorsitzende des Geschichtslehrerverbandes. Vielmehr habe ihr Ziel darin bestanden, sich starke, den russischen und deutschen Expansionismus eindämmende Verbündete zu schaffen. Hingegen sei es den Westmächten nicht um eine Verletzung Ungarns gegangen. Nach Ansicht Kopcsiks sollte sich Ungarn auf seine tausendjährige Geschichte der Zusammenarbeit mit seinen Nachbarvölkern konzentrieren und das Trianon-Trauma abschütteln.
Dávid Megyeri argumentiert in Magyar Nemzet, dass Ungarn das Trianon-Syndrom bereits überwunden habe, indem es die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern fördere. Andererseits werde Ungarn nach wie vor von westlichen Gruppen ins Visier genommen, beklagt Megyeri. Zum Beweis verweist er auf das Europäische Parlament, das die ungarische Regierung in Resolutionen wiederholt verurteilt habe. Diese Resolutionen würden von einwanderungsfördernden Kräften unterstützt. Diese wollten die nationale Einheit überwinden und damit den Ansturm auf Ungarn fortsetzen, der vor 99 Jahren mit dem Friedensvertrag von Trianon seinen Anfang genommen habe. An diesem Jahrestage, so Megyeri, wolle Ungarn nicht die Auflösung der europäischen Nationen, sondern sein Gemeinwesen feiern.
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