Coca-Cola-Werbung sorgt weiter für Wirbel
12. Aug. 2019Ein liberales und ein regierungsfreundliches Wochenblatt verknüpfen unisono den Streit um die Coke-Werbeplakate und ihren darauf abgebildeten schwulen Pärchen mit Aspekten der Migration und Zivilisation. Alt-linke Blogger fragen sich dagegen, ob die Linke der Chefetage eines multinationalen Unternehmens bei deren Engagement für die Rechte von Homosexuellen folgen sollte. Ein regierungsnaher Kolumnist ermahnt liberale Schwulenrechtsaktivisten zu mehr Toleranz.
Magyar Narancs beurteilt die Aussagen von regierungsfreundlichen Meinungsbildnern (siehe BudapPost vom 7. August) sowie des Fidesz-Abgeordneten István Boldog, Homosexualität sei eine gefährliche und ansteckende Krankheit, als abscheulich. In ihrem Wochenleitartikel äußert das liberale Magazin die Vermutung, dass die Regierung Homosexuelle zur Aufrechterhaltung ihrer Panikmache missbrauchen wolle. Auf Migranten und die EU – so die Leitartikler – könne sie nicht mehr zurückgreifen, um einen perfekten Feind für Hassgefühle zu kreieren.
András Bencsik wirft Coca-Cola vor, das Unternehmen unterstütze aktiv „die aggressive Verbreitung von homosexueller Propaganda“. Der Chefredakteur des regierungsnahen Wochenmagazins Demokrata fragt sich, ob die schwulenfreundliche Werbekampagne wohl Teil eines umfassenderen Plans zur Auslöschung der europäischen Zivilisation sei. Die Fürsprache zugunsten der Homosexualität, das Gebären von weniger Kindern, um der Überbevölkerung sowie der globalen Erwärmung entgegenzuwirken, seien Bestandteil derselben Ideologie. Bencsik versteigt sich gar zu der Frage, ob irgendwann einmal „hartnäckig Heterosexuelle ausgedünnt werden“.
Auf Mérce behauptet die Homosexuellenrechtlerin Orsolya Lehotai, dass rechte Kritiker der Cola-Anzeige die vom „derzeitigen Regime“ vertretenen männlichen Standards bewahren wollten. Nach Ansicht der Alt-Linken bedroht die offene Darstellung männlicher Körper in intimen Kontexten konservative Perspektiven über traditionelle Geschlechterrollen, die die aktuellen „patriarchalen“ und „hegemonialen“ Hierarchien stützen würden.
Auf dem selben Blog äußert sich András Jámbor kritisch über die Tatsache, dass sich ein multinationales Unternehmen zum Vorreiter von Schwulenrechten in Ungarn aufgeschwungen habe. Coca-Cola gehe es lediglich um eine Steigerung seiner Gewinne und nicht um die Gleichstellung von Homosexuellen, glaubt der antikapitalistische Alt-Linke. Jámbor fordert mit Colaflaschen posierende Politiker und Intellektuelle auf, sie mögen doch etwas Sinnvolleres für die volle Gleichberechtigung von Schwulen unternehmen.
Bence Apáti von Magyar Nemzet legt Schwulen zur Last, sie würden den Vorwurf der Homophobie als politisches Instrument missbrauchen. Der konservative Kolumnist weist gegen Homosexuelle gerichtete Hassgefühle zurück, fordert für sich aber gleichzeitig das Recht, offen aussprechen zu dürfen, dass er sich beim Anblick von küssenden Männern unwohl fühle. Ungarn der Homophobie zu beschuldigen sei selbstgefällig, befindet der Autor und weist darauf hin, dass schwule Paare in einer eingetragenen Partnerschaft leben könnten. Und obwohl gleichgeschlechtliche Paare keine Kinder adoptieren dürften, würden viele von ihnen ihre eigenen Kinder erziehen. Apáti kritisiert im Folgenden den von Liberalen geäußerten Vorwurf, dass diejenigen, die die Homo-Ehe nicht befürworten würden, selbst klammheimlich schwul seien (siehe BudaPost vom 11. Juli). Apáti fordert diese Stimmen zu mehr Toleranz auf. Sie sollten weniger aggressiv gegenüber Menschen sein, die ihre Ansichten zur Homosexualität nicht teilen würden.
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