In memoriam Roger Scruton
15. Jan. 2020Kommentatoren beiderseits der politischen Fronten bezeichnen den am Sonntag verstorbenen konservativen Philosophen als Verbündeten von Ministerpräsident Viktor Orbán, der ihn noch Anfang Dezember in London mit dem Ungarischen Verdienstorden ausgezeichnet hatte – nur sechs Wochen vor dem krebsbedingten Tod des britischen Denkers.
Der Onlineauftritt von Magyar Hírlap präsentiert verschiedene Videos mit Reden und Interviews von Sir Roger Scruton. Dabei nennt ihn die regierungsnahe Tageszeitung einen unerschütterlichen Konservativen und überzeugten Unterstützer Ungarns.
Auf Válasz äußert sich András Stumpf. (Vor sieben Jahren hatten Scruton und der Autor im Rahmen eines internationalen Treffens Ungarn gegen zwei prominente liberale Kritiker verteidigt und klargestellt, dass es sich bei dem Land nach wie vor um eine Demokratie handeln würde – Anm. d. Red.). Mittlerweile ist Stumpf davon überzeugt, dass er und Scruton sich damals grundsätzlich geirrt hätten. Dabei bestreitet er nach wie vor nicht, dass Ungarn eine Demokratie sei. Stumpf erinnert daran, dass Roger Scruton bereits vor dem ungarischen Ministerpräsidenten sowohl die liberale Demokratie als auch das „Soros-Netzwerk“ kritisiert und bis zum Ende seiner Tage Viktor Orbán verteidigt habe.
Der marxistische Philosoph Gáspár Miklós Tamás schreibt auf Mérce, Scruton sei ein hochbegabter Kollege und einstiger Freund gewesen, der sich schließlich zu einem „ultra-reaktionären Wichtigtuer“ entwickelt habe. (Tamás, ein ehemaliger antikommunistischer Dissident, war in den 1990er Jahren ein enthusiastischer Konservativer und wählte den glühenden Anhänger osteuropäischer Dissidenten Scruton zum Paten seiner Tochter – Anm. d. Red).
Nun wirft er Scruton vor, das Ideal des Konstitutionalismus und der Rechtsstaatlichkeit aufgegeben zu haben. (Ursprünglich hatte die Redaktion von Válasz Tamás darum gebeten, diesen Nachruf zu schreiben. Doch dann wurde eine Veröffentlichung des Textes von den Verantwortlichen bei Valász abgelehnt – Anm. d. Red.)
Frank Furedi nennt Scruton auf Látószög den zweifellos führenden konservativen Philosophen im heutigen Europa. Der in London lebende ungarischstämmige Soziologe lobt ihn für seinen Mut, wenig populäre, aber wichtige Ideale zu verteidigen.
In einem sehr emotionalen Nachruf für Mandiner fordert der Philosoph Gyula Pál die Konservativen dazu auf, „die brennende Fackel Scrutons aufzunehmen“ und „die Zukunft zu einem besseren Ort für unsere Kultur, unsere Familien, unser Land – letztlich das Leben – zu machen“.
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