Jobbik hat neuen Parteichef
17. Feb. 2020In einem liberalen Wochenmagazin hat der neue Vorsitzende der einst rechtsextremen Partei angeregt, dass die Opposition mit gemeinsamen Kandidaten, aber zwei getrennten Parteilisten in die nächsten Parlamentswahlen gehen sollte. Ein der Regierung nahestehendes Wochenblatt dagegen glaubt, dass das Überleben Jobbiks nunmehr von der Linken abhänge, nachdem die Partei ihr rechtsorientiertes Selbst aufgegeben habe.
Péter Jakab war im Januar mit einem „christlich-konservativen“ Programm zum Jobbik-Vorsitzenden gewählt worden. In einem Interview mit dem britischen Guardian erklärte Jakab, dass seine Partei nicht mehr mit Jobbik von vor fünf Jahren gleichzusetzen sei. In ihrer Überschrift zum Interview fragt die liberale Tageszeitung, ob die Wahl eines Parteichefs mit jüdischen Wurzeln diesen Wandel wohl wirklich unter Beweis stelle.
Im Wochenmagazin Heti Világgazdaság erklärt Péter Jakab die Bereitschaft, seine Partei in ein Bündnis mit der linken Opposition zu führen, um die von ihm als „Viktor Orbáns kriminelle Bande“ bezeichnete amtierende Regierung zu vertreiben. Über die Hälfte der Parlamentarier werde in den Wahlkreisen gewählt, in denen die Fidesz-Kandidaten nur von einem einzigen gemeinsamen Oppositionsbewerber besiegt werden könnten. Aus diesem Grunde sei Jobbik bereit, rivalisierende Oppositionskandidaten zu unterstützen bzw. in anderen Wahlkreisen eine Fremdunterstützung der eigenen Partei zu akzeptieren. Mit Blick auf die Parteilisten regt Jakab an, dass bei den nächsten für 2022 geplanten Wahlen zwei getrennte Bündnisse antreten sollten. (Über Parteilisten wird weniger als die Hälfte der Abgeordneten ins hohe Haus entsandt – Anm. d. Red.)
Anhand einer Analyse der Ergebnisse der letzten Kommunalwahlen zeigt der neue Jobbik-Chef auf, dass die unterschiedlichen Kräfte der Opposition, die auf Einheitslisten angetreten seien, weniger Stimmen erhalten hätten als ihre Einzelkandidaten zusammen. In ländlichen Gebieten lehnten viele vom Fidesz enttäuschte Wähler auch die Linksparteien ab. Deshalb sollten nach Ansicht Jakabs auch die traditionellen Linken mit einer Liste antreten, während die neu gegründeten Parteien – unabhängig von ihrer Position im politischen Spektrum – auf einer anderen Liste kandidieren würden.
Die Druckausgabe von Mandiner wartet mit einer Analyse der nachlassenden Popularität von Jobbik auf. Die Autoren Gergő Kereki und Dániel Ábel Pálfy erinnern daran, dass Jobbik bei den letzten Parlamentswahlen vor ihrem Schwenk Richtung politischer Mitte von 20 Prozent der Wähler unterstützt worden sei. Ungeachtet der Aufgabe ihrer einstmals rechtsextremen Rhetorik habe die Partei 2018 immer noch die Unterstützung von 19 Prozent der Wähler für sich verbuchen können. Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament hätten 2019 jedoch nur noch sechs Prozent für sie votiert. Umfragen zufolge würden aktuell neun bis zehn Prozent der entschiedenen Wähler für Jobbik votieren.
Allerdings berichten die beiden Autoren, dass lokale Volksvertreter, gewählte Stadtratsmitglieder sowie die Basis nach wie vor das Weite suchen würden. Und obwohl auf dem Papier zwei Drittel der Mitglieder, d.h. über 13.000 Personen, Jobbik noch immer die Stange hielten, hätten sich die meisten von ihnen einfach nur nicht die Mühe gemacht, ihren Austritt zu erklären. Der landesweit zu beobachtende Verlust lokaler Aktivisten könnte sich bei der Aufstellung von Kandidaten in den einzelnen Wahlkreisen als fatal erweisen, notieren Kereki und Pálfy.
Folglich könnte Jobbik mehr und mehr auf die Zusammenarbeit mit linken Parteien – früher ihre Nemesis – angewiesen sein. Solche Allianzen könnten jedoch die Parteibasis weiter ausbluten lassen. Möglich, dass das pure parlamentarische Überleben Jobbiks von der Unterstützung der Linken abhängen werde, orakeln Kereki und Pálfy.
Tags: Jobbik, Opposition, Parteien, Péter Jakab