Deutscher Botschafter ins Außenministerium einbestellt
26. Aug. 2020Ein regierungsfreundlicher Analyst bezeichnet einen hochrangigen deutschen Regierungsbeamten als Serienverleumder Ungarns. Staatsminister Michael Roth (SPD) war mit der Bemerkung zitiert worden, in Ungarn grassiere der Antisemitismus. Ein liberales Wochenmagazin dagegen betrachtet den Vorgang als eine Nebensächlichkeit, die nicht überbewertet werden sollte.
In einem Interview mit T-Online erklärte der Staatsminister für Europa beim Bundesminister des Auswärtigen, Michael Roth, zwar handele es sich bei Ungarn und Polen nach wie vor um Demokratien, doch seien EU-Sanktionen wegen rechtsstaatlicher Probleme gerechtfertigt. Darunter erwähnte er den „grassierenden Antisemitismus“ in Ungarn. Wörtlich schränkte der Sozialdemokrat jedoch ein: „Ich kann nicht kritisch über den Antisemitismus in anderen Ländern sprechen, ohne den erschreckenden Zuwachs an antisemitischen Straftaten in Deutschland zu nennen.“ Das ungarische Außenministerium bestellte den deutschen Botschafter ein und erklärte dem Diplomaten, dass derartige Stellungnahmen völlig unbegründet seien.
Magyar Hírlap zitiert den Unterstaatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten. Laut Levente Magyar handelt es sich bei Roth um den „fanatischen Bannerträger“ einer anti-ungarischen Gruppierung innerhalb der deutschen Regierung. Unabhängig von der Güte der bilateralen Beziehungen würden absurde Anschuldigungen die rote Linie überschreiten, so Magyar.
In einem Streitgespräch des Fernsehsenders Hír TV erklärte der Politologe Levente Bánk Boross: Roth habe in der Vergangenheit mehrmals haltlose Vorwürfe an die Adresse Ungarns gerichtet. Dieses Mal jedoch habe er „die Antisemitismus-Karte“ ausgespielt. Das sei im heutigen Ungarn völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Sein Partner in der Talkrunde, der ehemalige liberale Abgeordnete Gábor Horn, verwies darauf, dass Antisemitismus im ungarischen Alltag nicht unbekannt sei. Allerdings seien jüdische Mitbürger nicht gefährdet.
Ein derartiger Vorgang rechtfertige nicht die Einberufung des deutschen Botschafters in das ungarische Außenministerium, befindet das Onlineportal von Heti Világgazdaság. Der ehemalige Außenminister Péter Balázs erklärt in dem HVG-Beitrag, dass seine Nachfolger die Botschafter zu oft vorladen würden. Der sozialistische Politiker hält den aktuellen Vorfall für zu unbedeutend, um einen solchen Protest seitens der ungarischen Regierung auszulösen. Laut Heti Világgazdaság verfolgt die Regierung mit der Einbestellung von Diplomaten propagandistische Ziele.
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