Fidesz verlässt EVP-Fraktion
5. Mar. 2021Unisono begrüßen der Regierung nahestehende Kolumnisten die Entscheidung des Fidesz, die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) zu verlassen. Linke Kommentatoren hingegen sagen voraus, dass der Fidesz einen Großteil seines Einflusses in der EU einbüßen werde.
Am Mittwoch hat Ministerpräsident Viktor Orbán den Austritt der Fidesz-Abgeordneten aus der EVP-Fraktion verkündet. Zuvor hatten ihre Parlamentarier eine neue Geschäftsordnung verabschiedet (siehe BudaPost vom 3. März). Fidesz-Politiker wiesen jedoch darauf hin, dass man erst später über ein mögliches Verlassen der EVP selbst beraten werde.
Zsolt Bayer von Magyar Nemzet findet es erfreulich, dass der Fidesz die EVP-Fraktion schlussendlich verlassen hat. Nach Ansicht des regierungsnahen Publizisten hat die EVP liberale und linke Wertvorstellungen angenommen, anstatt die europäischen Werte zu verteidigen, die in den traditionellen Identitäten und dem Nationalgefühl liegen würden. In Zeiten existenzieller Krisen „müssen normale Menschen, Konservative, Christen, Nationalisten, Antiglobalisten und national gesinnte Linksparteien zusammenarbeiten“, um die Globalisierung, die progressive Gender-Ideologie, die Migration sowie den „Soros-Plan“ aufzuhalten, die von Mainstream-Linken, Liberalen und sogar der EVP gefördert würden, so Bayer.
Der Austritt des Fidesz aus der EVP-Fraktion sei „ein Glück“, meint auch Tamás Pilhál. Auf Pesti Srácok notiert der regierungsfreundliche Blogger, die EVP habe nationale, christliche und konservative Werte gegen „extremistische liberale und kommunistisch-internationalistische“ Ideen ausgetauscht. Pilhál hofft, dass sich der Fidesz bald einer der „wirklich konservativen Parlamentsfraktionen“ anschließen werde, „die für die Nationen Europas stehen“, und ergänzt: Falls die patriotischen Parteien keine Fahrt aufnehmen könnten, würden die „internationalistischen Narren“ der Linken die EU zerstören – was Pilhál ebenfalls begrüßen würde.
Der Fidesz dürfte einen Großteil seines internationalen Einflusses einbüßen, glaubt Tamás Rónay von Népszava. Es sei nämlich höchst unwahrscheinlich, dass die Partei etwas zur Schaffung einer „einwanderungskritischen, populistischen, ultrakonservativen“ Gruppe beitragen könne, die es in puncto Macht mit der EVP aufnehmen könnte. Rónay erinnert daran, dass „Rechtsradikale“ wie die französische Nationale Sammlungsbewegung, Matteo Salvinis Lega Nord, die PVV des Geert Wilders, die deutsche AfD und andere kleinere populistische Parteien den Aufbau einer starken Allianz bisher nicht hinbekommen hätten. Ministerpräsident Orbán könnte nicht nur innerhalb der EU, sondern auch in der Region zunehmend isoliert werden, da die Slowakei und die Tschechische Republik nur ein mäßiges Interesse zeigen würden, dem Weg Polens und Ungarns zu folgen, argumentiert Rónay.
In einem Beitrag für 24.hu interpretiert Zsolt Kerner die Entscheidung des Fidesz, die EVP-Fraktion zu verlassen, als „eine hässliche Niederlage für Viktor Orbán“. Der linke Kommentator ist der Meinung, dass der Fidesz alles getan habe, um in der EVP-Fraktion zu bleiben und so seinen Einfluss auf europäischer Ebene zu vergrößern, obwohl „die populistische und rechtsradikale Vision“ von Ministerpräsident Orbán nicht zu den gemäßigten Ansichten der Europäischen Volkspartei gepasst habe. Der Austritt des Fidesz schwäche die EVP. Gleichzeitig jedoch könne sie nun mehr Einigkeit unter Beweis stellen, ohne Ministerpräsident Orbán an Bord, vermutet Kerner.
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