Russland unterbricht Rohölversorgung
11. Aug. 2022Seit sechs Tagen fließt kein Rohöl mehr durch den südlichen Strang der Pipeline „Freundschaft“ (Druschba). Vor diesem Hintergrund beurteilt ein Wirtschaftsnachrichtenportal die Ungarn verbleibenden Optionen.
Russland hatte am vergangenen Donnerstag den Rohölfluss durch die Pipeline, die die Tschechische Republik, die Slowakei und Ungarn versorgt, mit der Begründung unterbrochen, dass es aufgrund der westlichen Sanktionen die an die Ukraine zu zahlende Transitgebühr nicht überweisen könne. 80 Prozent des über Druschba gelieferten Rohöls wird von zwei Raffinerien des ungarischen Öl- und Gasmultis MOL verarbeitet – je eine in Ungarn und eine in der benachbarten Slowakei.
András Dezső und Balázs Tiszai fragen sich sowie ihre Leserinnen und Leser, was wohl geschehen werde, falls die Pipeline für längere Zeit außer Betrieb bleiben sollte. Unter Berufung auf verschiedene Fachleute weisen sie auf hvg.hu darauf hin, dass die ungarische Raffinerie derzeit gewartet werde und nur mit 60 Prozent ihrer Kapazität arbeite. Folglich dürfte sie bis Mitte September nicht wirklich von der Unterbrechung des Ölflusses betroffen sein. Die strategischen Reserven Ungarns würden den Bedarf des Landes für weitere drei Monate abdecken.
Dezső und Tiszai merken zudem an, dass die Importeure aufgrund der Kraftstoffpreisobergrenze für Privatfahrzeuge die Lieferung von Benzin nach Ungarn eingestellt hätten und daher sporadische Engpässe an etwa hundert der landesweit 2.000 Tankstellen zu verzeichnen seien. Die Autoren halten die Preisobergrenze für eine „heilige Kuh“, die die Regierung unter keinen Umständen schlachten wolle, um ein wichtiges Wahlversprechen nicht zu brechen.
Sollte der Ölfluss durch den südlichen Strang der Freundschaft-Pipeline nicht innerhalb von ein oder zwei Monaten wieder aufgenommen werden, könnte Ungarn zum Import von teurerem Öl durch die Adria-Pipeline gezwungen sein. Das wiederum würde eine Aufrechterhaltung der Preisobergrenze für Kraftstoffe erschweren, so die beiden Journalisten.
Unterdessen hat MOL mitgeteilt, dass der russische Ölzustrom über den südlichen Abschnitt der Pipeline „Freundschaft“ in die Slowakei wieder aufgenommen worden sei und voraussichtlich am Donnerstag Ungarn erreichen werde. Zuvor hatte MOL die der Ukraine geschuldeten Transitgebühren bezahlt und wird die Kosten voraussichtlich von der Gebühr abziehen, die es Russland für das Rohöl zahlt.
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