Europäische Union am Scheideweg
7. Sep. 2022Ein konservativer Kommentator befürchtet, dass die Bemühungen Berlins um eine Zentralisierung der Europäischen Union die Demokratie schwächen würden. Möge die EU gestärkt aus den aktuellen Krisen hervorgehen, hofft hingegen ein linksorientierter Kolumnist und schränkt ein: Falls die Union sie überleben sollte.
Mátyás Kohán versteht den Vorschlag von Bundeskanzler Olaf Scholz, das Vetorecht der Mitgliedsstaaten abzuschaffen, als einen „Putinisierungsversuch“ der EU. Auf Mandiner äußert der konservative Blogger die Befürchtung, dass die Prager Kanzlerrede der letzten Woche, in der Scholz eine weitere Erweiterung und Zentralisierung der EU gefordert hatte, das „Ende der europäischen Demokratie“ bedeuten würde. Die Aussage der deutschen Außenministerin Baerbock, Deutschland müsse die Ukraine unterstützen, „egal was meine deutschen Wähler denken“, sei ein weiterer Schlag gegen die demokratischen Werte. Laut Kohán könnte die Entschlossenheit der deutschen Politiker in ihrem Kampf gegen Putin letztlich zur Zerstörung der Demokratie und zur „Putinisierung“ der EU führen.
Tamás Rónay von Népszava hält eine Reformation der EU für notwendig, um sie zu Bewältigung der Energiekrise zu befähigen. Der linke Kolumnist vermutet, dass die nächsten Monate ein echter Stresstest für die Union sein werden. Es sei besorgniserregend, dass rechte Politiker – darunter der ungarische Ministerpräsident – den Abschluss eines Deals der EU mit Moskau befürworten sowie „die Ukraine zu territorialen Zugeständnissen zwingen“ würden, um sich billiges Gas aus Russland zu sichern. Nach Ansicht Rónays wird die EU stärker werden, falls sie die gegenwärtige durch sprunghaft ansteigende Energiepreise, eine hohe Inflation und möglicherweise eine Rezession gekennzeichnete Krise überstehen sollte. Allerdings macht Rónay keinerlei Andeutungen, was für Reformen die EU widerstandsfähiger machen könnten, um die anhaltenden Krisen zu meistern.
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