Wochenpresse zur Meuterei der Wagner-Truppen
3. Jul. 2023Analysten sind sich einig, dass der gescheiterte Marsch von Söldnerchef Jewgeni Prigoschin in die russische Hauptstadt Moska, Schwächen innerhalb des Putin-Regimes offenbart habe. Ein regierungsnaher Kommentator wirft der Opposition vor, Sympathien für den Chef der Wagner-Gruppe zu hegen.
In seinem regelmäßigen Kommentar für das Wochenmagazin Heti Világgazdaság schreibt Árpád W. Tóta, dass ein verpatzter Putsch wie der von Wagner gewöhnlich in rückständigen Ländern wie dem Sudan, dem Tschad oder dem Nordjemen stattfinden und die Weltöffentlichkeit in der Regel überhaupt nicht begreifen würde, was auf dem Spiel stehe. Geschehe nun so etwas in Russland, bedeute dies, dass Putins Land nun zur Dritten Welt gehöre. Die Menschen im Westen hielten Putin häufig für einen Schachgroßmeister der Machtpolitik. Diese Meinung hätten sie jedoch revidieren müssen, nachdem der russische Staatschef eine ganze Armee in die Hände eines ehemaligen Sträflings gegeben habe, der einige seiner Soldaten in Gefängnissen habe rekrutieren lassen. Auch hätten Putins Bewunderer geglaubt, dass dessen Regime eine Alternative zur Demokratie sei. Allerdings müssten sie nunmehr erkennen, dass eine solche Alternative in den Bankrott und direkt nach Zentralafrika führe.
Es sei bezeichnend, dass die Söldnerarmee bei ihrer Ankunft in großen russischen Städten von jubelnden Einwohnern empfangen worden sei, stellen die Redakteure von Magyar Narancs in ihrem Leitartikel heraus. Es scheine so, als ob die bisher schweigenden Russen in ihr eine Kraft gesehen hätten, die sie von der Tyrannei befreien würde. Die schleppende Reaktion der Behörden deute auf tiefe Risse in „einer faschistischen und einen Eroberungskrieg führenden Diktatur“ hin. Die Redakteure des liberalen Wochenmagazins gehen davon aus, dass die Erde unter Präsident Putins Füßen Risse bekommen habe und die einzige Frage laute, wie viele Zivilisten, Soldaten, Ukrainer und Russen vor seinem Sturz noch würden sterben müssen.
In einem Beitrag für das regierungsnahe Magazin Demokrata räumt Gábor Stier ein, dass es dem Kreml gelungen sei, tödliche Unruhen zu verhindern. Doch allein der Umstand, dass Tausende von aufständischen Soldaten vor ihrer Umkehr 700 Kilometer hätten zurücklegen können, bedeutete für die Regierung einen enormen Prestigeverlust. Diese Ereignisse hätten die schwache Seite der russischen Führung offengelegt und erneut bewiesen, dass Wladimir Putin in kritischen Momenten zu zögerlich agiere. Die 22 Stunden des gescheiterten Putsches hätten sein Image als starke Führungspersönlichkeit sicher nicht gestärkt, gibt Stier resümierend zu Protokoll.
In Mandiner geht Zoltán Veczán hart mit ungarischen Linken ins Gericht: Sie seien mit Jewgeni Prigoschin, den sie bis dahin als abscheulichen Schlächter verurteilt hätten, „für eine einzige Nacht ins Bett gegangen“. Ganz allgemein vermutet der Kolumnist, dass diejenigen, die die Ukraine im Krieg unterstützen würden, dies täten, um ihre eigene Frustration zu Hause zu bekämpfen. Andererseits verurteilt Veczán auch eine „kleinere Gruppe“, die im Internet moskaufreundliche Kommentare verfassen und darauf hoffen würde, dass Putin im Gegenzug Transkarpatien an Ungarn zurückgeben werde.
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