Kein US-Einreisevisum für regierungstreuen Journalisten
15. Sep. 2023Regierungsnahe Medien empören sich über die US-Botschaft, weil sie dem Chefredakteur von Nemzeti Sport, der einzigen landesweiten Sporttageszeitung Ungarns, ein diplomatisches Einreisevisum verweigert hat.
György Szöllősi war 2017 vom Außenministerium zum Sonderreisebotschafter in Sportangelegenheiten ernannt worden und sollte in dieser Funktion eigentlich die Eröffnungsrede beim alljährlich stattfindenden Fußballturnier der nordamerikanischen magyarischen Diaspora in Chicago halten. Am Mittwochabend erklärte die Budapester US-Botschaft in Reaktion auf diesbezügliche Nachfragen verschiedener Medien, dass die Vereinigten Staaten diplomatische Visa nur an Regierungsbeamte ausstellen, nicht jedoch an Privatpersonen. Im Übrigen habe man die ungarische Regierung erst kürzlich darüber informiert, dass immer mehr Personen mit einem Diplomatenpass in die Vereinigten Staaten reisen wollten, obwohl sie nicht offiziell mit der Regierung in Verbindung stünden.
In einer ersten wütenden – vor dem Bekanntwerden der Erklärung seitens der US-Botschaft veröffentlichten – Reaktion, schrieb Tamás Pilhál bei Magyar Nemzet: Menschen in Washington könnten nicht akzeptieren, dass andere Staaten andere Ansichten verträten als sie selbst. In Pilháls Schlussbemerkung heißt es: „Wir werden das die kurze Zeit durchstehen, bis Trump ins Weiße Haus zurückkehrt – auch auf einem Bein stehend.“
„Mister David Pressman und der Rest von Ihnen! Bis hierher und nicht weiter – Hände weg von György Szöllősi!“ lautet die Überschrift einer Mandiner-Kolumne von Zsuzsa Csisztu. Die ehemalige Turnerin und heutige Sportjournalistin schreibt als Mitglied des Präsidiums des internationalen Sportjournalisten-Verbands (AIPS), dass Journalisten aus undemokratischen Ländern schon oft das Betreten der USA verwehrt worden sei. Mit der Einreisevisum-Verweigerung für einen Journalisten aus einem verbündeten Land hätten die US-Behörden nunmehr jedoch einen großen Schritt getan – abwärts.
Tags: Diplomatie, Sportpolitik, Ungarisch-amerikanische Beziehungen