Wochenpresse über die Kampagne der Regierung zur Verteidigung der Souveränität
27. Nov. 2023Während die Regierung eine nationale Konsultation über ihr Hickhack mit Brüssel durchführt, sie vom Parlament die Verabschiedung eines Gesetzes zum Schutz der Souveränität erwartet und diese beiden Aspekte mit einer Plakatkampagne begleitet, werfen ihr die der Opposition nahestehenden Wochenmagazine ein Vorgehen im Widerspruch zu den nationalen Interessen vor. Regierungsnahe Autoren wiederum erachten den Schutz der nationalen Souveränität für besonders wichtig.
In ihrem Leitartikel auf der ersten Seite bezeichnet Magyar Narancs es als Heuchelei, dass die Regierenden eine Finanzierung politischer Kampagnen aus dem Ausland unterbinden wolle. Die ausländischen Spenden im Volumen von drei bis vier Milliarden Forint an oppositionelle Nichtregierungsorganisationen seien im Hinblick auf die Wahlen 2022 unbedeutend. Immerhin hätten regierungsfreundliche NGOs 25 Milliarden an öffentlichen Geldern für den Fidesz-Wahlkampf erhalten, erinnern die Leitartikler des liberalen Wochenmagazins. Sie erwähnen auch, dass der Fidesz vor 2010 – als Teil der Europäischen Volkspartei – regelmäßig von den christdemokratischen Parteien Deutschlands finanziert worden sei.
In seinem für Heti Világgazdaság verfassten Leitartikel vertritt János Dobszay die Ansicht, dass es für eine die Normalität respektierende Regierung unmöglich wäre, jemanden öffentlich zu attackieren, von dem sie Hilfe erwarte. Indem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Plakaten als eine Person dargestellt werde, die wünsche, dass die Ungarn „nach ihrer Pfeife tanzen“, wendet sich die Regierung gegen jemanden, der ihr Vorbild sein könnte – eine christdemokratische Mutter von sieben Kindern, die auch bei der Freigabe der eingefrorenen EU-Gelder für Ungarn nützlich sein könnte, notiert Dobszay.
Attila Tibor Nagy wertet die Plakatkampagne mit Ursula von der Leyen als Indiz dafür, dass Ministerpräsident Orbán die Hoffnung aufgegeben habe, sich mit der EU-Kommission auf die Freigabe wegen Bedenken im Bereich rechtsstaatlicher Regierungsführung eingefrorener EU-Gelder zu verständigen. In der Wochenzeitung Magyar Hang ergänzt der Autor jedoch, dass das Mandat von Frau von der Leyen im nächsten Sommer auslaufen werde und der ungarische Ministerpräsident vielleicht darauf hoffe, dass die Wahlen zum Europäischen Parlament 2024 der ungarischen Regierung bessere Verhandlungsbedingungen bescheren könnten.
Auch János Széky von der Wochenzeitung Élet és Irodalom vertritt die Ansicht, dass die Regierung die Präsidentin der Europäischen Kommission nicht auf die Plakate ihrer Souveränitätskampagne gesetzt hätte, würde sie hoffen, Zugang zu den Dutzenden von einstweilen gesperrten EU-Milliarden zu bekommen. Immerhin rechnet der Kolumnist nicht damit, dass sich die politischen Verhältnisse nach den EP-Wahlen zugunsten der ungarischen Regierung ändern: Der neue Präsident bzw. die neue Präsidentin der Europäischen Kommission dürfte ebenfalls aus den Reihen der Volkspartei stammen. Es könnte sich dabei sogar um Donald Tusk handeln, den Gewinner der letzten Wahlen in Polen. Er könnte nach Brüssel zurückkehren, was die Lage für die ungarische Regierung noch schwieriger machen würde als sie jetzt schon sei. Die Regierungsseite, so Széky, könne bei den EP-Wahlen im nächsten Jahr zwar einen überwältigenden Sieg im eigenen Land erringen, aber das würde es ihr nicht leichter machen, sich der „Brüsseler Öffentlichkeit“ zu verkaufen.
Im Magazin Demokrata weist Gábor Bencsik die von der Opposition gegen die Regierung erhobenen Diktatur- und Autokratievorwürfe zurück, die mit den von der Europäischen Kommission geäußerten rechtsstaatlichen Bedenken zusammenhingen. In Wahrheit hätten die Ungarn keine Angst, öffentlich ihre Meinung zu äußern. Und wenn die Mehrheit für die Regierung stimme, dann deshalb, weil sie mit deren Politik einverstanden sei. Andererseits verliere die Opposition die Wahlen, weil sie in den meisten Problemfeldern gemäß Mehrheitsmeinung falsch liege.
In Mandiner verteidigt Gergely Vágvölgyi das von der Regierung letzte Woche präsentierte Gesetz zum Schutz der Souveränität. Es sei nur recht und billig, diejenigen zu bestrafen, die „ihr Land für Dollars verkaufen“. Gleichzeitig fügt er hinzu, dass eine solche Bestrafung nur diejenigen träfe, die ausländische Spenden für Wahlkämpfe annehmen würden, was bereits seit 33 Jahren verboten sei. Im Übrigen hätten auch aus dem Ausland finanzierte NGOs keinen Grund zur Sorge, da die neue Gesetzgebung lediglich dazu diene, solche Fälle transparent zu gestalten und so die Voreingenommenheit der aus dem Ausland finanzierten Organisationen zu entlarven.