Orbán: Kommissionsvizepräsidentin sollte entlassen werden
2. Oct. 2020Ein regierungsnaher Kommentator stimmt mit Ministerpräsident Viktor Orbán darin überein, dass die Vizepräsidentin der EU-Kommission zurücktreten müsse, nachdem sie zuvor Ungarn als eine „kranke Demokratie“ bezeichnet hatte. Ein Journalist der Linken dagegen hält die Kritik der aus Tschechien stammenden Kommissarin für Werte und Transparenz an der Regierung für gerechtfertigt.
Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Vera Jourová, hatte Ende September in einem Interview mit dem deutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel erklärt, dass es sich bei Ungarn um eine „kranke“ und nicht – wie von Ministerpräsident Viktor Orbán umschrieben – eine „illiberale“ Demokratie handeln würde. Die meisten Ungarn seien nicht in der Lage, sich eine eigene Meinung zu bilden. Jourová führt diesen Umstand auf die Art der Informationen zurück, die die Menschen aufgrund des Zustands der Medien im Land erhalten würden. Orbán erklärte daraufhin, dass diese Feststellung eine Beleidigung des ungarischen Volkes sei, und forderte Kommissionspräsidentin von der Leyen auf, Jourová ihres Amtes zu entheben.
László Néző hält Jourovás Vorwürfe für absurd und beleidigend. In Magyar Nemzet verurteilt der regierungsfreundliche Kolumnist Jourovás Behauptungen mit scharfen Worten als „Lügen“. Diese beruhten auf Fehlinformationen, die von durch George Soros dirigierte NGOs verbreitet würden. Allerdings zeigt sich Néző zuversichtlich, dass die Ungarn den falschen Anschuldigungen Jourovás nicht zum Opfer fallen würden. Und er stimmt mit der Regierung darin überein, dass Jourová von ihrem Posten entfernt werden sollte.
Jourová habe nicht die Ungarn, sondern lediglich die Regierung kritisiert, notiert Tamás Rónay von Népszava. Der linke Kommentator vermutet, dass die Regierung deshalb so scharf reagiert habe, weil sie dem Länderbericht der Europäischen Kommission über die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit habe zuvorkommen wollen. Der Brief von Ministerpräsident Orbán mit seiner Forderung nach Absetzung Jourovás sei zudem ein Affront gegenüber der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, denn sie sei es gewesen, die Jourová zu ihrer Stellvertreterin ernannt habe.
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