Kandidatin der Regierungspartei gewinnt Nachwahl
13. Oct. 2020Angesichts des Sieges einer Fidesz-Kandidatin bei der Nachwahl im nordostungarischen Wahlbezirk Borsod 6 sagt ein regierungsfreundlicher Kommentator einen harten Kampf zwischen Regierenden und der Opposition bei den Parlamentswahlen 2022 voraus. Ein linksorientierter Kommentator glaubt, dass die Opposition für einen Sieg über den Fidesz glaubwürdige Botschaften benötige.
Bei der am Sonntag abgehaltenen Nachwahl in der relativ armen Region mit ihren 38 Dörfern und vier Städten hat sich die Kandidatin des Fidesz, Zsófia Koncz, mit 50,9 Prozent der abgegebenen Stimmen gegen den gemeinsam von der Opposition aufgestellten Kandidaten László Bíró (45,9 Prozent) durchgesetzt. Die Wahlbeteiligung von 45 Prozent lag deutlich unter dem Niveau des nationalen Urnengangs vor zwei Jahren (66 Prozent). Das Mitglied der Rechtspartei Jobbik konnte erfolgreich auch linke Stimmen gewinnen, doch unterlag er Koncz letztendlich mit 1.700 Stimmen Unterschied. Die Nachwahl – notwendig, weil der Fidesz-Abgeordnete Ferenc Koncz, Vater von Zsófia Koncz, im Juli bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommen war – wurde sowohl von der Opposition als auch von der Regierung als Testfall für die Strategie der Oppositionsparteien betrachtet, 2022 in allen 106 Wahlbezirken des Landes gemeinsame Kandidaten gegen den Fidesz in Stellung zu bringen.
Die Opposition hatte gehofft, dass der Fidesz bei einer Niederlage in Borsod 6 seine parlamentarische Zweidrittelmehrheit verlieren würde.
Ottó Gajdics von Magyar Nemzet interpretiert das Resultat als Beweis dafür, dass die Wähler der Opposition, die mit allen Mitteln die Macht an sich reißen wolle, ihre „zynische“ Strategie nicht abkaufen würden. Der regierungsnahe Kommentator erinnert daran, dass der gemeinsame Kandidat der Oppositionsparteien, das Jobbik-Mitglied Bíró, ungeachtet seiner antisemitischen Ausfälle auf einer Internetseite von linken Parteien unterstützt worden sei. (Bíró hatte sich später für seine Äußerungen entschuldigt, siehe BudaPost vom 24. August – Anm. d. Red.)
Gajdics findet es empörend, dass der Oppositionskandidat Koncz so dich auf den Fersen gewesen sei. Seine Unterstützer „würden auch für ein Warzenschwein stimmen“, wütet Gajdics, warnt die Regierungspartei trotzdem davor, diese Wähler als „Zombies nach einer Gehirnwäsche“ zu bezeichnen, und kommt zu dem Schluss, dass der Weg zu einem Wahlsieg 2022 sehr steinig sein werde.
András Jámbor notiert in einem Facebook-Posting, dass er sich bei einem Sieg Bírós in Borsod möglicherweise übergeben hätte. Die Niederlage Bírós sei jedoch kaum auf seine antisemitischen Beleidigungen zurückzuführen, vermutet der alt-linke Blogger. Seiner Meinung nach lautet die wichtigste Lehre, dass die Opposition für einen Wahlsieg 2022 substanziellere Botschaften benötige als lediglich die Aussage, man wolle den Fidesz besiegen. Das Ergebnis in Borsod 6 werde wahrscheinlich nicht zu einer Klärung der Frage beitragen, ob die Oppositionsparteien lieber gemeinsam oder doch eher getrennt antreten sollten, gibt Jámbor zu bedenken.
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