Orbán arbeitet an einem neuen konservativen Bündnis
6. Nov. 2021Ein linker Kommentator beschreibt die Bemühungen des ungarischen Ministerpräsidenten um die Etablierung einer neuen gemeinsamen radikal-konservativen Fraktion im Europäischen Parlament als den Versuch, eine internationale Isolation abzuwenden.
Nach ihrem Treffen in Budapest im vergangenen April hatten die Ministerpräsidenten Viktor Orbán (Ungarn) und Mateusz Morawiecki (Polen) sowie der Vorsitzende der italienischen Lega-Partei, Matteo Salvini in einer Videokonferenz die Möglichkeit erörtert, die beiden konservativen Fraktionen im Europäischen Parlament zu vereinen und so die möglicherweise zweitgrößte Fraktion zu bilden. Die stellvertretende Fidesz-Vorsitzende Katalin Novák erklärte jetzt gegenüber Klubrádió: Sollte das Projekt bis Ende des Jahres erfolgreich sein, könnte die neue Fraktion an der Neuvergabe der verschiedenen Posten im Europäischen Parlament im Januar 2022 teilnehmen. Übrigens hatte sich Orbán in der vergangenen Woche auch mit der Vorsitzenden der französischen Nationalen Sammlungsbewegung, Marine Le Pen, sowie der Vorsitzenden der italienischen Fratelli d’Italia, Giorgia Meloni, getroffen (siehe BudaPost vom 28. Oktober).
Für István Zalatnay stellen diese Begegnungen Wegmarken auf dem lange währenden Rückzug des ungarischen Ministerpräsidenten dar. Mitte der 2010er Jahre habe Orbán gehofft, dass die Radikal-Konservativen zu einer dominierenden Kraft in Europa werden würden, schreibt der Kommentator in Népszava.
Als diese Kräfte bei den letzten Europawahlen ein eher bescheidenes Ergebnis erzielt hätten, habe er sich auf Plan B zurückgezogen – mit anderen Worten: relativer Schutz vor dem Druck aus Brüssel mittels weiterer Mitgliedschaft in der Europäischen Volkspartei.
Dann sei in ihm das Gefühl erwachsen, besser außerhalb der EVP aufgehoben zu sein, so Zalatnay weiter. In der Folge habe Orbán seine Hoffnungen auf sein Bündnis mit der polnischen Regierung gesetzt, die ihn davor bewahrt habe, in der Europäischen Union völlig auf sich allein gestellt zu sein. Zalatnay spekuliert, dass der Aufbau eines neuen Rechtsbündnisses – von ihm als „Plan D“ tituliert – eine Möglichkeit für den ungarischen Regierungschef sei, Akteur auf europäischer Bühne zu bleiben, selbst wenn er die Wahlen im nächsten Jahr verlieren sollte.
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