Macrons Visite unter der Lupe
15. Dec. 2021Kommentatoren aus beiden politischen Lagern können sowohl Spielraum für Zusammenarbeit als auch genügend Reibungsfläche für Konflikte zwischen dem französischen Staatschef und dem ungarischen Ministerpräsidenten erkennen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron weilte am Montag in Budapest, wo er mit den Teilnehmern eines Gipfels der vier Visegrád-Staaten zusammentraf. Zudem konferierte er getrennt mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán und empfing Vertreter der ungarischen Opposition.
In der Tageszeitung Népszava beschreibt Miklós Bonta die Beziehungen zwischen den beiden Staatsoberhäuptern als von Differenzen gekennzeichnet, vor allem in der Frage des Liberalismus und bezüglich der Zukunft der Europäischen Union. In diesen Bereichen seien sie zwar Gegner, aber der französische Präsident arbeite bereitwillig mit Orbán zusammen, um die Interessen seines Landes zu vertreten, notiert Bonta und erinnert an ihren gemeinsamen Appell an die Europäische Kommission, sich nicht gegen die Nutzung der Kernenergie zu positionieren. Diesmal wolle Macron – der im Januar die rotierenden EU-Ratspräsidentschaft übernehmen werde – sein Image als internationale Führungspersönlichkeit im Hinblick auf die im April anstehenden Präsidentschaftswahlen aufpeppen. Es gebe jedoch eine rote Linie, die Macron nicht zu überschreiten bereit sei: So weigere er sich, Kompromisse beim Prinzip der Rechtsstaatlichkeit einzugehen, fügt der linke Kommentator hinzu.
Auch László Szőcs sieht die Beziehung zwischen den beiden Staatsoberhäuptern als ambivalent an: Einerseits seien sie Rivalen, andererseits Partner. In einem Beitrag für die Tageszeitung Magyar Nemzet interpretiert er ihre Gesten auf der gemeinsamen Pressekonferenz als Ausdruck ihrer Meinungsverschiedenheiten in unterschiedlichen Sachfragen, einschließlich der Auslegung des Begriffs Rechtsstaatlichkeit sowie des gegenseitigen Respekts. Der regierungsnahe Kommentator erinnert daran, dass Ministerpräsident Orbán in den zurückliegenden Wochen mit Macrons rechten Rivalen Zemmour und Le Pen zusammengetroffen sei. Angesichts dessen sei es nur natürlich, dass der französische Präsident bei seinem Besuch in Budapest auch führende Vertreter der ungarischen Oppositionsparteien empfangen habe, betont Szőcs.
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