Rücktritt von Justizministerin Varga: Entlassung oder Karriereschritt?
30. Jun. 2023Die Ansichten darüber, ob Judit Varga vom Ministerpräsidenten entlassen wurde oder ob eine Wahl zur Europaabgeordneten Auftakt für eine neue Karriere sein wird, gehen naturgemäß auseinander.
In einer sarkastischen Notiz auf der Website der Wochenzeitung Magyar Hang schreibt István Dévényi: Judit Varga habe sich viel zu intensiv um die Verteidigung der Interessen Ungarns im Streit ihrer Regierung mit der Europäischen Kommission gekümmert, als dass sie mitbekommen hätte, was in ihrem Ministerium vor sich gegangen sei. Als Skandale, die möglicherweise eine Entlassung Vargas bewirkt haben könnten, nennt der Publizist den Fall um die Spionagesoftware Pegasus, deren Einsatz vom zweiten Mann des Justizministeriums im Namen der Ressortchefin genehmigt worden sei. Zudem verweist Dévényi auf einen laufenden Prozess, in dem derselbe ehemalige Staatssekretär, Pál Völner, angeklagt ist, vom Chef einer Justizbeamtenmafia Schmiergelder angenommen zu haben (siehe BudaPost vom 10. November 2021 und 10. Dezember 2021).
Der regierungsnahe Analyst Zoltán Kiszelly dagegen erklärte in einer Talkshow des Fernsehsenders ATV, dass Varga als Spitzenkandidatin des Fidesz für die Europawahlen 2024 und als künftige Europaabgeordnete eine wichtige Aufgabe übernommen habe. Als Justizministerin sei sie für die Beziehungen zur EU zuständig gewesen und somit kein Neuling in europäischen Angelegenheiten. Sollte sich Varga auf europäischer Bühne bewähren, werde sie auf eine wichtige Karriere im Bereich der internationalen Beziehungen gut vorbereitet sein, glaubt Kiszelly.
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