Reaktionen auf die alljährliche Orbán-Rede in Băile Tușnad
25. Jul. 2023Oppositionsnahe Kommentatoren halten die Äußerungen des ungarischen Ministerpräsidenten für flach und inhaltslos, wenn auch provokativ. Der Regierung nahestehende Kolumnisten wiederum loben die Rede Orbáns als aufschlussreich.
In seiner jährlichen Ansprache an die Teilnehmer der 35. sogenannten „Sommeruniversität“ des Fidesz in Băile Tușnad in Siebenbürgen erklärte Ministerpräsident Viktor Orbán, dass die Vereinigten Staaten gegenüber China an Einfluss verlören und Europa zwar reich, aber nach wie vor schwach sei. Er hoffe, dass Ungarn bis zum nächsten Jahr wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren werde. In diesem Fall werde er in seiner Băile Tușnad-Rede des Jahres 2024 eine Strategie für das nächste Jahrzehnt umreißen, kündigte Orbán an.
Auf Hírklikk beschreibt Péter Németh das Bild, das Orbán von der weltpolitischen Bühne zeichnet, als reines Wortgeklingel und seine Reaktion auf eine diplomatische Note Rumäniens als unverschämt. (Das rumänische Außenministerium hatte ihn offenbar gebeten, nicht über „nicht existente Verwaltungsregionen“ Rumäniens zu sprechen, woraufhin der Ministerpräsident sagte: „Wir haben Siebenbürgen und das Széklerland nie als rumänische Regionen betrachtet – Anm. d. Red.)
Der Regierungschef habe es vermieden, die Hauptsorgen der ungarischen Bevölkerung anzusprechen, nämlich die Wirtschafts- und Sozialkrise, mit der das Land konfrontiert sei, konstatiert Szabolcs Szerető von Magyar Hang. Beim „Getue” gegenüber Rumänien handele es sich um ein Showelement, während „die Tschechien beigebrachten Nadelstiche“ einige „regionale Turbulenzen“ verursacht hätten. (Der Ministerpräsident sowie der Innenminister Tschechiens wiesen die Behauptung Orbáns zurück, ihre Regierung habe föderalistischem Druck nachgegeben – Anm. d. Red.)
Mária Gál kann in der Rede Orbáns keine originellen Ideen oder Botschaften entdecken. In einem Artikel der Tageszeitung Népszava charakterisiert sie seine Äußerungen als flache und nichtssagende Ansprache eines ausgebrannten Politikers. Sie wirft dem ungarischen Ministerpräsidenten zudem vor, eine rote Linie missachtet zu haben, die ein Ministerpräsident niemals überschreiten sollte, da er den Inhalt einer diplomatischen Botschaft offenbart und sich sogar darüber lustig gemacht habe.
In Magyar Nemzet wertet Ottó Gajdics die Worte Orbáns als eine aufschlussreiche Rede, die den Zuhörern beim Verstehen der Komplexität der heutigen Weltpolitik geholfen habe. In einer turbulenten Welt, in der gegensätzliche Blöcke entstehen würden, knüpfe Ungarn Verbindungen, anstatt die Kluft weiter zu vertiefen, lobt Gajdics. Innerhalb der Europäischen Union, so der Kolumnist weiter, „verteidigt Ungarn seine nationale Souveränität angesichts des föderalistischen Drucks“.
László Bogár preist den Ministerpräsidenten für seinen Mut, die heutige Welt zu geißeln: „Wir sind zu hedonistischen Heiden geworden“ und damit dem Untergang unserer Kultur geweiht, gibt Bogár in Magyar Hírlap zu Protokoll. Ungarn sollte daher „im globalen Identitätskrieg bis zum letzten Atemzug durchhalten“ und Familien, die nationale Gemeinschaft sowie das Christentum verteidigen.
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