Wochenpresse über die vergangenen zwei kritischen Wochen
4. Mar. 2024Die Ansichten über den Erfolg von Regierung und Opposition bei der Bewältigung der Krise im Zusammenhang mit der Begnadigung pädophiler Straftäter sowie über die ausdauernde Weigerung Ungarns, der schwedischen Nato-Mitgliedschaft zuzustimmen, divergieren naturgemäß.
Im Wochenmagazin Demokrata lenkt Gábor Bencsik die Aufmerksamkeit auf Klára Dobrev, die Ehefrau des DK-Vorsitzenden Ferenc Gyurcsány. Sie sei die wahre Führungspersönlichkeit in der Familie – und tatsächlich auch innerhalb der Partei. Diese Schlussfolgerung zieht Bencsik aus den schweren Vorwürfen, die Dobrev als Hauptrednerin auf einer Demonstration der Oppositionsparteien am vergangenen Sonntag an die Regierung gerichtet hatte. Ihre Äußerung, wonach die ganze Regierungspartei, ja sogar die gesamte politische Rechte, die Verantwortung für die Pädophilie-Krise tragen müsse, weist Bencsik als empörend zurück. Ihre Position legt dem Publizisten allerdings nahe, dass sie in Wirklichkeit stets die eigentliche Chefin gewesen sei. Bei Gyurcsány handele es sich lediglich um ihren Frontmann.
Árpád W. Tóta vermutet, dass die Regierung trotz gegenteiliger Zusagen nicht daran interessiert sei, pädophile Straftäter zu entlarven. In den vergangenen 14 Jahren, so der Kolumnist in Heti Világazdaság, habe der Fidesz alle möglichen Positionen mit seien eigenen Leuten besetzt. Falls sich nun einer von ihnen als pädophiler Straftäter entpuppen sollte, würde die Öffentlichkeit der Regierung ganz automatisch zumindest eine Teilschuld der Regierung in die Schuhe schieben. Andererseits belege der Skandal, dass der Fidesz nicht alles im Lande unter Kontrolle habe.
Nicht alle Oppositionsparteien seien bereit, sich bei den Europawahlen im Juni einem gegen die Regierung in Stellung gebrachten Bündnis anzuschließen, notiert Zoltán Ranschburg im Magazin Magyar Narancs. Die wichtigste Befürworterin einer gemeinsamen Oppositionsliste sei die Sozialistische Partei, die wohl kaum allein die Fünf-Prozent-Hürde überspringen dürfte. Angesichts ihrer entscheidenden Rolle in den vergangenen Jahrzehnten könnte ein solches Scheitern durchaus das Ende der MSZP bedeuten. Die Demokratische Koalition als stärkste linke Oppositionspartei hätte im Gegensatz dazu nichts dagegen, sollten ihre kleineren Konkurrenten von der Bildfläche verschwinden, hoffe sie in diesem Fall doch auf die Übernahme ihrer Wählerklientel. Ranschburg resümiert: Zwar seien die Europawahlen nicht von entscheidender Bedeutung, allerdings könnte ein schlechtes Abschneiden der Opposition verheerende psychologische Folgen mit Blick auf die Parlamentswahlen des Jahres 2026 haben.
Gergely Szilvay vertritt die Auffassung, dass die Vereinbarung der Regierung mit Schweden über die Lieferung neuer Gripen-Kampfjets an Ungarn sowie die Zustimmung des Parlaments zum schwedischen Nato-Beitritt bewiesen hätten, dass Ministerpräsident Orbán – im Kontrast zu anhaltenden Behauptungen der Opposition – international keineswegs isoliert sei. In einem Artikel des Wochenmagazins Mandiner weist er zudem darauf hin, dass sich Ungarn mit seiner Politik der schrittweisen Erreichung des von der Nato geforderten Verteidigungshaushalts von zwei Prozent des BIP trotz gegenteiliger Anschuldigungen der linken Opposition zu einem vertrauenswürdigen Mitglied der westlichen Allianz entwickelt habe.
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