„Friedensmarsch“ als Machtdemonstration: Orbán startet den Wahlkampfendspurt
4. Jun. 2024Trotz unterschiedlicher Bewertungen zum Inhalt der Rede des Ministerpräsidenten sind sich die Kommentatoren einig, dass der Budapester „Friedensmarsch“ vom Samstag eine beeindruckende Demonstration der Stärke gewesen sei.
In seiner Rede auf der Margareteninsel forderte Ministerpräsident Viktor Orbán am Samstagnachmittag vor Anhängern der Regierung, dass Europa daran gehindert werden müsse, in den Krieg und in seine eigene Zerstörung zu eilen. Und er fügte hinzu: „Wir sind das größte Friedenskorps, die größte Friedenstruppe in Europa.“
Der regierungsnahe Politologe Ágoston Sámuel Mráz bezeichnet auf 444 die Rede des Ministerpräsidenten vor einer riesigen Menge von Anhängern als erfolgreiche Mobilisierung seiner Wählerschaft im unmittelbaren Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament am kommenden Sonntag. Der liberale Analyst Gábor Horn hingegen notiert, Orbán baue für seine Anhänger eine alternative Realität auf, in der alle europäischen Staatsoberhäupter Kriegstreiber seien – außer ihm selbst.
In der linken Tageszeitung Népszava wirft Gábor Czene dem Ministerpräsidenten vor, er habe eine völlig ungerechtfertigte Kriegshysterie geschürt, um an der Macht zu bleiben. Seiner Ansicht nach ist die zugegebenermaßen große Menschenmenge vom Samstag hinter den seitens der Regierenden erwarteten mehreren hunderttausend Teilnehmern zurückgeblieben.
In einem Artikel für die regierungsnahe Zeitung Magyar Nemzet behauptet László Szentesi Zöldi, dass die Rede des Ministerpräsidenten von mehreren hunderttausend Ungarn besucht worden sei. Möge das Wahlergebnis eine unmissverständliche Botschaft an die Opposition senden, die nun versuche, die Zahl der Regierungsanhänger zu bagatellisieren.
Dániel Kacsoh interpretiert die Kundgebung vom Samstag als einen Hinweis darauf, dass sich die Regierungsseite zusammengerissen habe und nun in der Lage sei, die Agenda der politischen Debatte in Ungarn zu bestimmen. Ihre Botschaft sei klar und überzeugend, so Kacsoh auf Mandiner: Der europäische Mainstream drifte in Richtung eines eskalierenden Krieges, während Ungarns Ministerpräsident zu einem Waffenstillstand und Friedensgesprächen über die Ukraine aufrufe.
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