OTP-Chef wegen Fußball-Debakel im Clinch mit Fidesz-Politikern
18. Oct. 2013
Verschiedene linke und liberale Kommentatoren vermuten, dass sich die deutlichen Worte Richtung Sándor Csányi, dem Präsidenten des ungarischen Fußballverbandes, eventuell gegen seinen Hauptberuf als CEO von Ungarns führender Bank richten.
Sándor Csányi leitet den ungarischen Fußballverband seit 2010 und gilt als wichtigster Verbündeter von Ministerpräsident Viktor Orbán. Dessen ungeachtet gab es im vergangenen Jahr immer wieder Auseinandersetzungen zwischen dem Banker und führenden Fidesz-Politikern. Nach der demütigenden 1:8 Niederlage in der WM-Qualifikation gegen die Niederlande forderten der Europaabgeordnete Tamás Deutsch, Parteisprecher Máté Kocsis sowie andere prominente und führende Fidesz-Politiker Csányi zum Rücktritt auf. Zudem warfen sie ihm vor, Mittel für die Talentförderung missbraucht zu haben. Csányi schoss zurück und meinte, Deutsch hätte in seiner Zeit als Minister für Sport und Jugend in der ersten Fidesz-Regierung „aus Schrott Sicherheitstore“ fabriziert. Kocsis wiederum solle sich darauf beschränken, „Lügen in seiner Funktion als Fidesz-Sprecher zu verbreiten”. Er berichtete der Presse zudem von einem Gespräch mit Viktor Orbán, der ihn nicht zum Rücktritt aufgefordert hätte. Die OTP Bank ist derzeit im Fokus des Interesses, sowohl aufgrund des Drucks der Regierung als auch wegen einer Welle von Zivilprozessen, um die Belastungen für Devisen-Hypothekengläubiger zu verringern.
Péter Németh, Chefredakteur von Népszava, argumentiert: Wenn sich Csányi unter Bezugnahme auf Orbán verteidige, müsse er auch wissen, dass die „Fidesz-Kriegsherren” ihn nicht ohne das Einverständnis ihres Führers attackierten. Der Ministerpräsident werde ihn nicht persönlich zum Gehen auffordern, spekuliert Németh. Jedoch ist er sicher, dass der Ministerpräsident hinter den Kulissen einen koordinierten Angriff favorisieren würde, der Csányi zum Rücktritt zwänge. Die Niederlage der ungarischen Mannschaft sei nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Csányi sei zudem als Leiter der OTP Bank nicht mehr gefragt, behauptet der Autor. Wenn der reichste Ungar, der zugleich auch einer der mächtigsten Männer des Landes ist, in dieser Art und Weise abserviert werden könne, könnte vielleicht sogar ein Viktor Orbán fallen, merkt Németh in seinem Fazit an.
Népszabadság wertet die Bemerkungen der Fidesz-Koryphäen als Zeichen erneuter Feindseligkeiten zwischen Csányi und der Regierung. Ebenso wie Németh glauben die Autoren auch, dass das Fußballdebakel in dieser Geschichte von eher geringerer Bedeutung sei als das der Devisen-Hypotheken. Dabei beruft er sich auf Csányi selbst. Andererseits wird von den Autoren darauf verwiesen, dass Csányi auch Vizechef von MOL sei, Ungarns Öl-Multi. Und Viktor Orbán zeigte sich demonstrativ an der Seite von MOL-CEO Zsolt Hernádi zu einer Zeit, in der dieser wegen einem kroatischen Bestechungsvorwurf von Interpol gesucht wird (siehe BudaPost vom 12. Oktober). Gemeinsam weihten sie eine neue MOL-Spaltanlage ein. Diese werde „zu große Moleküle zu winzigen Teilen“ zermalmen – und die Regierung werde dasselbe tun, meint Népszabadság mit einem klaren Hinweis, dass Csányi das „große Molekül“ sei.
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