Inflation im Rekordtief
14. Nov. 2013Angesichts einer Inflationsrate so gering wie seit 39 Jahren nicht mehr warnt ein linksorientierter Kommentator vor den Risiken künstlich flach gehaltener Preissteigerungen. Ein konservativer Kolumnist dagegen glaubt, dass Preisstabilität und steigende verfügbare Einkommen gute Nachrichten für die Wirtschaft sind.
Wie das Ungarische Zentralamt für Statistik berichtet, ist die Inflationsrate im Oktober im Jahresvergleich auf 0,9 Prozent gesunken. Das ist der niedrigste Wert seit 1974. Analysten prognostizieren, dass die ab 1. Dezember wirksam werdenden Preissenkungen im Versorgungsbereich die Inflation zusätzlich drücken werden sowie die Zentralbank den Leitzinssatz weiter senken dürfte. Zentralbankpräsident György Matolcsy sagte, eine zügige Senkung der Inflationsrate sei eine Herausforderung, doch fügte er hinzu, er plane kein Eingreifen mit dem Ziel einer Schwächung des Forint.
In einem auf der Titelseite erscheinenden Leitartikel äußert Népszabadság die Befürchtung, dass eine künstlich niedrig gehaltene Inflation schädliche Nebenwirkungen zeitige. Das linksorientierte Blatt verweist darauf, dass verschiedene Länder, darunter Japan und Großbritannien, verzweifelt um eine Erhöhung der Inflationsrate kämpften, um mittels Notenpresse die Nachfrage anzukurbeln und das Wirtschaftswachstum zu stimulieren. Népszabadság empfiehlt der Regierung, sie möge die Gefahren einer niedrigen Inflation bedenken, anstatt an ihr festzuhalten.
Insgesamt betrachtet sei eine niedrige Inflation keine schlechte Nachricht, befindet Csaba Szajlai in Magyar Hírlap. Der konservative Kolumnist hält die niedrige Inflationsrate für ein Ergebnis des geringen Kaufkraftniveaus ungarischer Löhne und Gehälter sowie der Senkung von Versorgungstarifen seitens der Regierung. Obgleich die unter den Erwartungen liegende Inflationsrate Indikator einer nicht wachsenden Wirtschaft sei, werde die Preisstabilität dazu beitragen, dass ungarische Familien ihre Schulden begleichen können. Zudem dürfte die Nachfrage steigen, vermerkt Szajlai und fügt hinzu, dass, falls die Zentralbank den Leitzins weiter senken sollte, die Regierung Milliarden Forint an Zinszahlungen einsparen könnte, die auf Staatsanleihen zu entrichten seien. Allerdings warnt der Autor vor der Gefahr, dass einigen Versorgungsunternehmen als Resultat der Tarifsenkungen die Insolvenz drohe. In diesem Falle werde der Staat einspringen und die Dienstleistung erbringen sowie für die entstandenen Verluste aufkommen müssen.