Ex-Porno-Star bei Wohltätigkeitsveranstaltung unerwünscht
21. Dec. 2013Linke und liberale Kommentatoren machen sich über eine Kinderwohlfahrtsorganisation lustig, weil sie den Auftritt eines mittlerweile zur Sängerin mutierten ehemaligen Pornostars abgesagt hat. Tünde Krasznai habe ihr Leben als benachteiligtes Kind begonnen und wenn Papst Franziskus ehemalige Prostituierte einlade, weswegen sollten, so die Autoren bissig, die selbsternannten ungarischen Christen weniger nachsichtig sein?
Der größte Privatfernsehsender Ungarns, RTL Klub, hat sämtliche Sängerinnen und Sänger seines Talent-Formats „X-Faktor“ von einer vorweihnachtlichen Veranstaltung des International Children’s Safety Service (ICSS) abgemeldet. Der sich für arme Kinder engagierende ICSS hatte angekündigt, dass Tünde Krasznai, eine der Siegerinnen von X-Faktor, nicht bei der Veranstaltung auftreten werde, da „konservative religiöse Teilnehmer, darunter Lehrer und Persönlichkeiten aus dem kirchlichen Bereich“ ihre Anwesenheit für nicht angemessen halten würden. Laut dem Gründer und Direktor von ICSS habe es sich um seine persönliche Entscheidung gehandelt und die darum inszenierte Aufregung schikaniere die Sängerin selbst. Zu den ICSS-Gründern gehören auch einige ehemalige und aktuelle Politiker, wobei die Palette von den Freidemokraten Gábor Demszky und Gábor Fodor bis zum Fidesz-Mann fürs Grobe, dem Parlamentspräsidenten László Kövér reicht. In dieser Funktion ist Kövér auch Gastgeber der Veranstaltung, da die Weihnachtsfeier des ICSS gewöhnlich im Parlamentsgebäude stattfindet.
Für Tamás Gomperz von HVG hat es den Anschein, als halte László Kövér das moralische Urteilsvermögen von Papst Franziskus für mangelhaft. Weshalb, so fragt der Verfasser, sei der Auftritt einer ehemaligen Schauspielerin in Erwachsenen-Videos im Parlament eine größere Abscheulichkeit als die Anwesenheit derjenigen, die durch das Betrachten von und Zahlen für Pornos erst den entsprechenden Markt schaffen würden? Zu den Konsumenten von Pornos gehörten gewiss auch einige der „konservativen, religiösen Teilnehmer, darunter Lehrer und Vertreter des kirchlichen Lebens“, die man vor Tünde Krasznai schützen müsse. Gomperz vermutet, dass sich genau dieses konservative Publikum von der Fidesz-Politik deutlich weniger gestört fühle, die der Verfasser bezichtigt, Reiche zu begünstigen und Arme zu bestrafen. In seiner ätzenden Schlussbemerkung wirft Gomperz Fidesz-Politikern im Allgemeinen Korruption vor. Deren Vorstellung von charakterlicher Entwicklung sei das genaue Gegenteil von dem, woran Papst Franziskus glaube: Sie führe einen von der Unschuld der Jugend hin zur Korruption der Erwachsenen.
Für Róbert Friss liegt das Problem Krasznais in ihrem Talent. Der Autor schreibt in Népszabadság, dass es bei X-Faktor einzig um harte Arbeit gehe. Weshalb also sollte eine hart arbeitende, talentierte Sängerin eine gefährliche Identifikationsfigur für benachteiligte Kinder sein? Immerhin sei die Unterhaltungsindustrie für Erwachsene in Ungarn nicht verboten. Weshalb sollte ihre Anwesenheit bei einem christlichen Feiertag unangemessen sein, wenn Maria Magdalena in den Evangelien eine verehrte Gestalt darstelle?, fragt Friss und fährt fort: Während RTL Klub gewiss vom anhaltenden Skandal profitiere, seien es die Kinder, denen inspirierende Vorbilder vorenthalten würden – „bei all der Heuchelei um ihren Fall“ laute die Botschaft, dass Tünde Krasznai besser da geblieben wäre, woher sie gekommen sei.