Diplomatische Eiszeit zwischen Ungarn und Kroatien
3. Oct. 2015In einem Kommentar zum diplomatischen Disput zwischen Ungarn und Kroatien über Grenzschutz und Migration mahnt ein konservativer Analyst Mäßigung an, verfügten die beiden Länder doch über gemeinsame wirtschaftliche und geopolitische Interessen.
Am Donnerstag berichtete Index.hu, dass der Zaun an der ungarisch-kroatischen Grenze bald fertiggestellt sein werde. Gleichzeitig führe die geplante Abschottung der Grenze zu Spannungen zwischen den beiden Ländern. Laut namentlich nicht näher genannten Quellen beobachten die kroatischen Behörden den Bauprozess, um mögliche Schlupflöcher ausfindig machen zu können. Absicht sei demnach, illegale Migranten an jene Stellen zu bringen, wo ihre Chance auf Überschreiten der Grenze nach Ungarn günstiger seien als andernorts.
Zuvor hatte der kroatische Ministerpräsident Zoran Milanović Ungarn heftig für den Bau eines Zauns an seiner Südgrenze kritisiert. Da Ungarn seine Grenze zu Serbien abschotte, änderten die Flüchtlinge ihre Route und versuchten, den Schengenraum über Kroatien zu erreichen (vgl. BudaPost vom 21. September). Ministerpräsident Milanović sagte, er werde die Flüchtlinge nicht aufhalten oder registrieren lassen, sondern ihnen helfen, nach Ungarn zu kommen.
In seinem 14-täglichen Interview mit Kossuth Rádió reagierte Ministerpräsident Viktor Orbán am Freitag auf diese Äußerungen mit dem Hinweis, dass die Meinung seines kroatischen Amtskollegen nicht die Meinung der kroatischen Bevölkerung widerspiegele, sondern eher die Ideen linksorientierter europäischer Politiker, die Ungarn pausenlos kritisierten. Derweil kündigte Kroatiens konservative Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović an, sie wolle sich mit Ministerpräsident Orbán treffen, um die Wogen zu glätten.
Der diplomatische Konflikt zwischen Ungarn und Kroatien schade beiden Ländern, stellt György Csóti in Magyar Idők fest. Der einstige MDF-Politiker und ehemalige Botschafter in Zagreb ist derzeit Vorsitzender der ungarisch-kroatischen Freundschaftsgesellschaft. Er hebt hervor, dass die beiden Länder – wie bereits in den vergangenen Jahrhunderten – gemeinsame wirtschaftliche und geopolitische Interessen verfolgten sowie die gleichen Grundwerte teilten. Um die bilaterale Zusammenarbeit zu stärken und sich aus der aktuellen diplomatischen Sackgasse in Sachen Flüchtlinge sowie ungarische Mineralölgesellschaft MOL (vgl. BudaPost) befreien zu können, fordert der Autor die einvernehmliche Einführung eines offiziellen kroatisch-ungarischen Freundschaftstages. Die langfristigen gemeinsamen Interessen beider Länder sollten nicht Streitigkeiten über die Migration und andere Themen zum Opfer fallen, warnt Csóti.
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