MSZP zieht Referendumsinitiative durch
14. Apr. 2016Angesichts der vom Fidesz in der Frage sonntäglicher Ladenöffnungszeiten bewiesenen Flexibilität bleibe den Oppositionsparteien einzig das Thema Korruption als wirksame Waffe gegen die Regierung, glaubt Magyar Nemzet. Magyar Idők dagegen meint, dass der Fidesz in einem Dschungelkrieg viel besser aufgestellt sei.
Zukünftig sei Geld das einzige Thema, das die Opposition bei einem Angriffsversuch gegen die Regierung ausschlachten könne, schreibt Albert Gazda auf der Onlineplattform von Magyar Nemzet. Der Opposition stünden nur sehr wenige Wunderwaffen zur Verfügung, warnt der Autor angesichts der von Orbán und seinem Team durch die Rücknahme des Gesetzes über das Sonntagsverkaufsverbot für die meisten Geschäfte bewiesenen Flexibilität (vgl. BudaPost vom 13. April). Deswegen würden sämtliche Oppositionsparteien die Korruption zum Thema Nummer eins bei ihrem Großangriff gegen die Regierung erklären. In Ungarn, wo die Menschen den Kapitalismus und die Reichen hassen würden, sollte „Gott“ ein Plebejer sein, argumentiert Gazda. Bislang sei es Viktor Orbán gelungen, seine Anhänger davon zu überzeugen, dass er selbst ein Plebejer sei. Das System könne mit Angriffen gegen niedrigere Chargen des Machtgefüges umgehen, denn die Anhänger würden solche unliebsamen Menschen tolerieren, weil der Ministerpräsident ihnen vertraue und die „Kommunisten“ sowieso mehr gestohlen hätten. Trotzdem, so Gazda, könne durchaus ein Punkt erreicht werden, der das Fass zum Überlaufen bringe – besonders dann, wenn jemandem der Beweis gelänge, dass Gott durchaus über Geld verfüge.
Im Leitartikel auf ihrer Titelseite greift Népszabadság die ihrer Meinung nach überhöhten Gehälter von Topmanagern bei staatlichen Unternehmen an. In dem Artikel wird behauptet, dass die Diskussion zu diesem Thema völlig frei von gesundem Menschenverstand ablaufe. Der fehle auch der vom Landwirtschaftsminister abgegebenen Rechtfertigung dieser Gehälter: Demnach würden die Manager bis zum Doppelten dessen verdienen, was der Ministerpräsident nach Hause trage, weil sie das Erbe künftiger Generationen schützen würden.
Auf paradoxe Art und Weise habe der Fidesz mit seinem Rückzug der Opposition den Boden unter den Füßen weggezogen. Mit diesen Worten interpretiert János Csontos in Magyar Idők die von der Regierung vollzogene Kehrtwende in Sachen Sonntagsverkaufsverbot. Sie seien noch nicht schachmatt gesetzt, doch lasse sich das Endspiel vorhersagen, schreibt Csontos im Leitartikel der regierungsfreundlichen Tageszeitung. (Die MSZP hat beschlossen, auch weiterhin Unterschriften für das von ihr angestrengte Referendum zum Gesetz über das Sonntagsverkaufsverbot zu sammeln, obgleich die Frage mittlerweile gegenstandslos geworden ist. Die beiden anderen dem Volk zur Abstimmung vorzulegenden Fragen [zum Verkauf von landwirtschaftlicher Nutzfläche und zu einer möglichen Einführung einer Gehaltsobergrenze für leitende Mitarbeiter staatlicher Unternehmen] werden ohne die Sonntagsladenschlussfrage nicht als „stark“ genug bewertet, um die Wähler zu mobilisieren – Anm. d. Red.) Mit der Entscheidung, an ihrer Referendumsinitiative festzuhalten, griffen sie tatsächlich auf Waffen zurück, denen Orbán mittlerweile überdrüssig geworden sei, erläutert Csontos und macht darauf aufmerksam, dass der Fidesz im Dschungelkrieg viel besser sei.
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