Video Gyurcsánys zu seiner Őszöd-Rede
28. May. 2016Ein Kolumnist aus dem rechten Spektrum geht davon aus, dass der Fall der berühmt-berüchtigten „Lügenrede“ dem damaligen Ministerpräsidenten einen unauslöschlichen Imageschaden beschert habe. Unterdessen hat Gyurcsány dieser Tage den Verdacht geäußert, führende Politiker der MSZP seien für das Bekanntwerden der Äußerungen, die das Ende seiner Zeit als Regierungschef einläuteten, verantwortlich.
In einer Videobotschaft anlässlich des zehnten Jahrestages seiner Rede von Balatonőszöd beschuldigt der damalige Ministerpräsident und heutige Vorsitzende der Demokratischen Koalition (DK) seine einstigen Genossen aus der MSZP-Führung, sie trügen die Verantwortung für die Veröffentlichung des Mitschnitts der hinter verschlossenen Türen gehaltenen Rede. Zugleich macht Gyurcsány geltend, dass seine Äußerungen das Ende einer von Lügen geprägten Ära sowie den Beginn eines neuen Kurses vernünftiger Führung hätten einläuten sollen. Allerdings sei er „hintergangen“ worden. Kurz zur Erinnerung: In Balatonőszöd hatte Gyurcsány auf einer Tagung der sozialistischen Parlamentsfraktion davon gesprochen, die einen Monat zuvor abgehaltenen Wahlen durch eine massive Erhöhung des Haushaltsdefizits gewonnen zu haben. Wörtlich sagte er unter anderem: „Seit 18 Monaten haben wir nichts getan, …, wir haben morgens, mittags und abends gelogen.“ Vier Monate später wurde der Mitschnitt der Rede publik, Teile davon wurden im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesendet. Tags darauf initiierten rechtsradikale Demonstranten die Besetzung des Budapester Sendezentrums von Magyar Televizió, während Bereitschaftspolizisten tatenlos zusahen. An den folgenden zwei Tagen sowie einen Monat später bei den Feierlichkeiten anlässlich des 50. Jahrestages des Volksaufstandes von 1956 schritt die Polizei nicht nur gegen Randalierer mit exzessiver Gewalt ein, sondern auch gegen Unbeteiligte und friedliche Fidesz-Demonstranten (vgl. BudaPost im Laufe des Jahres 2014).
In einer Analyse von nach den Ereignissen veröffentlichten Geheimdienstdokumenten äußert Magyar Idők den Verdacht, dass Gyurcsány vom Durchsickern des Redemitschnitts gewusst und es gebilligt habe. In einem Kommentar zum zehnten Jahrestag der Affäre vergleicht Károly Villányi die Rede Gyurcsánys in Balatonőszöd mit derjenigen von Ministerpräsident Orbán auf dem Heldenplatz im Juni 1989, in der der junge Fidesz-Mitbegründer den Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus Ungarn gefordert hatte. Beide Reden würden in die Geschichte eingehen, glaubt der Autor. Der Unterschied sei der, dass Gyurcsány niemals den Makel werde tilgen können, den die Őszöd-Affäre seinem Image als jemand verpasst habe, der sich um jeden Preis an die Macht klammere, so Villányi in der regierungsnahen Tageszeitung.
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