Wahl in Dunaújváros schlägt weiter hohe Wellen
8. Jun. 2016Die ungarische Presse analysiert noch immer das Ergebnis der – für sich genommen relativ unwichtigen – Nachwahl in Dunaújváros. Allerdings wird der Urnengang als eine Art Lackmustest für die Parteien interpretiert. Für das gesamte linke Lager könnte Dunaújváros eine Wende markieren.
Die Nachwahl im 4. Wahlbezirk von Dunaújváros habe der MSZP ein gewaltiges Debakel beschert, urteilt Péter Pető in Népszabadság. In einem gewissen symbolischen Sinne habe sie die Ära von József Tóbiás als Parteichef beendet. Zugleich bedeute sie einen großen Erfolg für die Demokratische Koalition sowie Ferenc Gyurcsánys und habe die Herausforderungen aufgezeigt, denen sich die ungarische Linke gegenübersehe, so der Kommentator in der linksliberalen Tageszeitung.
(Der unbedeutende Urnengang auf kommunaler Ebene avancierte zwei Jahre vor den nächsten Parlamentswahlen zum Testlauf für die Parteien des Landes. Im Ringen um das vakante Mandat im Stadtrat von Dunaújváros hatten sämtliche Parteien enorme Energien investiert [vgl. BudaPost vom 7. Juni]. Die am Sonntag abgehaltene Nachwahl gewann letztendlich eine Kommunalpolitikern des Fidesz. Gleichzeitig lieferten sich zwei Kandidaten des oppositionellen linken Lagers einen heftigen Schlagabtausch, wobei der Bewerber der DK den MSZP-Konkurrenten deutlich auf Rang vier [noch hinter den Jobbik-Kandidaten] verwies – Anm. d. Red.)
All dies habe geschehen können, so diagnostiziert Pető, weil die Parteien bei einer unbedeutenden Kommunalwahl derartig hoch gepokert hätten. Dabei hätten die Bedingungen geradezu nach einem Oppositionssieg geschrien: Der frühere Fidesz-Stadtrat sei unter Mordverdacht geraten und zurückgetreten. Zudem tauche ein mangelhaftes Straßenbeleuchtungsprojekt die Stadt in den Abendstunden in Finsternis. Positiv betrachtet vermittle das Geschehen den linken Parteien eine eindringliche Botschaft über deren Optionen, glaubt Pető. Andererseits macht der Autor darauf aufmerksam, dass auch eine negative Interpretation existiere – nämlich, dass die Niederlage das Ausmaß der oppositionellen Schwäche anzeige.
Dieser kleine Kommunalwahlbezirk habe allen das beschert, wonach sie gestrebt hätten – mit Ausnahme der MSZP, schreibt László Néző in Magyar Idők. Die Sozialistische Partei dagegen habe das bekommen, was sie verdient habe. Die Parteiführung sei angesichts der Wahl in Dunaújváros derartig fassungslos, dass sie ihr auf dem Parteitag vom vergangenen November abgegebenes Versprechen über ein „Öffnen der Türen“, ein größeres Mitspracherecht für lokale Gemeinden und Interessen völlig vergessen habe. Urplötzlich mache Parteichef József Tóbiás den Ortsverband für den groben Schnitzer verantwortlich. Kehrtwenden wie diese seien typisch für die Sozialistische Partei, ätzt Néző.
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